Kurzinfo:
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Liebe Leserin, lieber Leser, die Nachhaltige Entwicklung ist kein Thema des Überlebens der Menschen, sie IST das Überleben der Menschheit als solche. Die zentrale Frage des 21sten Jahrhunderts ist, wie es die Menschheit schaffen kann, sich nicht selbst die Chance auf eine lebenswerte Zukunft zu zerstören. Dabei ist dieses Überleben nicht im Sinne der Erhaltung eines Genpools der Spezies homo sapiens gemeint, sondern als der Erhaltung dessen, was die Menschheit ausmacht, was die Menschheit geschaffen hat und worauf sie zu Recht stolz ist. Diese Errungenschaften wie die Menschenrechte und Politik, Technik und Gesellschaft, Kunst und Wissenschaft lassen sich einfach unter dem Begriff Kultur subsumieren. Dabei meint Kultur alles vom Menschen geschaffene im Gegensatz zum Begriff der Natur. Nachhaltige Entwicklung als anthropozentrisches Prinzip berücksichtigt die Natur deshalb, weil die natürlichen Ressourcen unabdingbare Voraussetzungen dafür sind, dass zukünftige Generationen ein lebenswertes Leben haben – oder wie die Brundtland-Definition sagt, ihre Bedürfnisse befriedigen können. Man kann also kurz sagen: Nachhaltige Entwicklung ist der Erhalt der menschlichen Kultur und der Natur. Und wie geht das? Nachhaltige Entwicklung umfasst die gesellschaftliche Verantwortung und hat umfangreiche Überlappung mit dem Globalen Lernen. Ihre Kerne liegen in den Bereichen Zukunftsfähigkeit und Gerechtigkeit sowie in den Hauptaspekten Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen und Erhalt des sozioökonomischen Systems. Dabei kann Nachhaltige Entwicklung weder durch Panikmache nach dem Motto „das Ende ist nah″ noch durch Heilslehren nach dem Motto „mit XY die Welt retten″ oder „nur die XY sind schuld″ erreicht werden. Wenn es eine Basis zur Rettung einer lebenswerten Zukunft gibt, liegt diese eher in den Begriffen Aufklärung und Verantwortung und in der Bildung. Und wie setzen wir diese um? Nachhaltige Entwicklung geht in Zeit und Raum über das Leben des Einzelnen hinaus. Warum sollte sich jemand, der im Hier und Heute lebt, mit diesen Fragen beschäftigen? Wenn es brennt, ruft man ja auch nicht den Kaminfeger! Warum ist das ein Thema in der Lehre von immer mehr Hochschulen aller Hochschultypen? Die sollen doch klausurrelevante Stoffe vermitteln! Warum beschäftigen sich Unternehmen mit diesem Thema? Die sollen doch Gewinne erwirtschaften! Die Antworten gehen in den Bereich der Ethik und der Frage des „richtigen″ Handelns von Individuen und Organisationen. Hier spielt der Begriff der Verantwortung eine wichtige Rolle. Die Antwort knüpft daran an, dass Unternehmen und Individuen in einer Gesellschaft leben und sich auch der Frage stellen müssen, was sie für eine lebenswerte Zukunft folgender Generationen getan haben. Schulen und Hochschulen, die den Bildungsauftrag ernst nehmen, kommen um das Thema Nachhaltige Entwicklung nicht herum. Wie kann das gelingen? Um Nachhaltige Entwicklung umzusetzen, gibt es viele Ansätze: man kann von der Theorie her starten oder einfach eine Liste von Aktionen zusammenstellen. Ich möchte die Grundlagen zusammenfassen, Zusammenhänge verdeutlichen und darauf aufbauend Lösungswege skizzieren. Damit möchte ich die Leser zur Umsetzung eigener Konzepte befähigen. Nachhaltigkeit muss erreicht werden, und jeder kann dazu beitragen. Dazu gehört die Trias aus Wissen, Können und Wollen. Nachhaltigkeit hat normative Aspekte, die besprochen werden müssen, ohne dabei den Lesern eine Meinung aufzuzwingen. Einfache Lösungen auf komplexe Fragen sind im Allgemeinen nur eines: falsch. Im Hinblick auf die Gestaltung der Zukunft müssen wir uns vor Panikmache, Verschwörungstheorien und Heilslehren hüten und vielmehr die Menschen befähigen, Falschmeldungen und Fehlinterpretationen zu erkennen und sinnvoll zu handeln. Wir müssen uns nicht nur mit den Fakten auseinandersetzen, sondern uns generell über Ziele und die Prozesse, die zur Definition und zur Erreichung von Zielen führen, Gedanken machen. Das vorliegende Buch vertieft mehrere spezielle Aspekte der Nachhaltigen Entwicklung. Zunächst ist da die Bildung für Nachhaltige Entwicklung (BNE): Ein Buch über Nachhaltige Entwicklung sollte nicht nur die BNE als wichtiges Ziel und Mittel zentral behandeln, es IST selbst ein Beitrag zur Bildung für Nachhaltige Entwicklung. Daneben spielen viele Einzelthemen eine Rolle, die nicht nur eine Bedeutung für die Umsetzung der Nachhaltigkeitsziele oder der gesellschaftlichen Verantwortung haben, sondern denen VI Vorwort sich jeder stellen muss, der sich für Nachhaltigkeit interessiert und sich nach Außen dafür einsetzt. In der Diskussion um die Nachhaltige Entwicklung gibt es häufig keinen wissenschaftlichen, gesellschaftlichen oder politischen Konsens, und trotzdem müssen wir den interessierten Bürgern eine Antwort geben können. Andernfalls holen sie sich die Antwort bei denen, die um eine schnelle Lösung niemals verlegen sind, weil sie weder die Komplexität noch die Abhängigkeiten eines Problems sehen wollen und alles auf ihr Lieblingsthema zurückführen. Die Antworten auf Fragen der Nachhaltigkeit sind nicht immer einfach, und sie können auch in einer Reflexion bestehen, die den Fragenden selbst die Antwort überlässt. Dazu braucht man die Kompetenz, Probleme zu analysieren, systematisch Ursachen und Lösungen zu suchen, und diese Lösungen dann in die Realität umzusetzen. Dieses Buch entstand aus vielen Aktivitäten in Lehre, Forschung, Transfer, Ehrenamt und Privatleben. An der Hochschule habe ich über 20 Jahre Vorlesungen zu Umweltmanagement und Nachhaltiger Entwicklung gehalten und dabei vielfältige Projekte umgesetzt. Darüber hinaus hat die Arbeit im Rahmen von Projekten der Hochschule, der Lokalen Agenda 21 Aalen und der Steinbeis-Stiftung für Wirtschaftsförderung wesentliche Impulse gebracht. Für anregende Diskussionen, Korrekturen und Beiträge danke ich den vielen Menschen, die mich zu diesem Thema begleitet, gefördert und gefordert haben. Es wäre zu hoffen, dass der Begriff Nachhaltigkeit vielleicht einmal obsolet – weil selbstverständlich – wird. Wenn jedes Handeln an den Prinzipien der Nachhaltigkeit orientiert ist, wird der Begriff ebenso zu einer Selbstverständlichkeit wie heute (noch) der Begriff der Aufklärung. Ein Mathematikbuch beinhaltet nur Aussagen, die auch in Tausenden von Jahren noch stimmen. Wie zukünftige Generationen allerdings die Themen Zukunftsfähigkeit und Nachhaltigkeit beurteilen werden, und ob sie das überhaupt tun wollen, wissen wir nicht. Wir können nur dazu beitragen, dass sich auch zukünftige Generationen in einer lebenswerten Welt Gedanken machen und auch dann Ihren Beitrag zu einer lebenswerten Zukunft leisten wollen, können und dürfen. Das vorliegende Buch soll den Lesern das Thema Nachhaltige Entwicklung nahebringen und zeigen, wie sie diese Themen in ihrem privaten, ehrenamtlichen und beruflichen Bereich umsetzen können. Als Sachbuch vermittelt es die notwendigen Grundlagen um nicht-nachhaltige Entwicklungen und Konflikte zu erkennen und um im Sinne Nachhaltiger Entwicklung agieren zu können. Auch im Rahmen der formalen oder informellen Bildung kann es zum zukunftsorientierten Handeln in einer komplexen Welt befähigen. Und nicht zuletzt soll es den Lesern damit die Angst vor der Zukunft nehmen. Wir können auf unterschiedlichen Ebenen handeln. Jede(r) von uns ist nur eine(r) von acht Milliarden Menschen. Aber alle diese acht Milliarden Menschen können agieren. Wir können etwas bewegen und Zeichen setzen: durch Aktionen, durch Wahlen und als Multiplikatoren. Jede Aktion hat nicht nur eine Wirkung, sondern auch eine Vorbildfunktion. Der Untertitel wurde geändert „Der Weg in eine lebenswerte Zukunft″ bezieht sich nicht nur auf die theoretischen Kenntnisse, sondern vor allem auf die Erkenntnis, was wir bewirken können und wie wir diesen Weg vorbereiten und gehen können. Es gibt viel zu tun – fangen wir an, nachzudenken, zu erkennen und zu handeln! Aalen im Winter 2019/20 Ulrich Holzbaur VIII Vorwort
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