UrheberinfoGreenpeace legt mit dieser Studie von Energy Brainpool einen detaillierten Abschaltplan vor, der Kraftwerk für Kraftwerk vorzeichnet, wie ein Ausstieg aus der Kohle bis zum Jahr 2030 gestaltet werden kann – ohne dabei die Versorgungssicherheit zu gefährden.
Vorwort:
Deutschland kommt beim Klimaschutz nicht vom Fleck. Im Jahr 2016 lagen die CO2-Emissionen mit 906 Millionen Tonnen so hoch wie vor acht Jahren. Der Grund ist eine Energiewende, die auf halben Weg stecken geblieben ist: Dem dynamischen Ausbau der Erneuerbaren Energien steht kein Rückbau klimaschädlicher Kohlekraftwerke gegenüber. Ohne einen beschleunigten Kohleausstieg aber wird Deutschlands Glaubwürdigkeit beim Klimaschutz schweren Schaden nehmen. Klimaschutz braucht Kohleausstieg.
Die deutsche Klimapolitik war zuletzt reich an vollmundigen Ankündigungen, jedoch arm an konkreten Umsetzungen.
• Schloss Elmau, Juni 2015: Als Gastgeberin des G7-Gipfels wird Bundeskanzlerin Angela Merkel für das Bekenntnis der Gruppe der sieben Industriestaaten gefeiert, bis zur Mitte des Jahrhunderts aus Kohle, Öl und Gas auszusteigen. Wie dieser Ausstieg in Deutschland vonstattengehen soll, ist jedoch auch zwei Jahre später völlig offen.
• Paris, Dezember 2015: Angela Merkel feiert das UN-Klimaabkommen als „historischen Wendepunkt″. In der deutschen Energiepolitik zeichnet sich diese notwendige Wende bislang nicht ab. Der Anteil der Kohle an der Stromerzeugung liegt 2016 bei 40,3 Prozent – gerade einmal 1,8 Prozentpunkte unter dem Vorjahr.
• Um 40 Prozent werde Deutschland bis zum Jahr 2020 seinen CO2-Ausstoß senken, verglichen mit 1990. So hat es der damalige Umweltminister Sigmar Gabriel 2007 auf der UN-Klimakonferenz in Bali zugesagt, und so hat es die Bundesregierung in den vergangenen Jahren stets bekräftigt. Ein Blick auf die aktuelle Lage zeigt: Ohne zusätzliche Anstrengungen bleibt Deutschland mit 36 Prozent weit hinter diesem Ziel zurück.
• Während Klimawissenschaftler unmissverständlich klarstellen, dass 80 Prozent der bekannten Kohlevorräte im Boden bleiben müssen, um die katastrophalsten Auswirkungen des Klimawandels zu verhindern, genehmigt Deutschland in der Lausitz einen neuen Braunkohletagebau, lässt zusätzliche Kohlekraftwerke wie Neurath (2012), Moorburg (2015) und Datteln (2017) ans Netz.
Die mediale Aufregung über US-Präsident Trumps rückwärtsgewandte Energiepolitik ist eine dankbare Deckung für Deutschlands mutlose Klimapolitik. Die Braunkohleländer Brandenburg und Sachsen
klammern sich blind an den schmutzigen Energieträger, als gäbe es weder Klimawandel noch die Notwendigkeit, Mensch und Region auf die Zeit nach der Kohle vorzubereiten.
Seit 2008 fordert Greenpeace ein Kohleausstiegsgesetz und hat wiederholt Vorschläge entwickelt, wie dieser Ausstieg sozialverträglichen gestaltet werden kann. Immer mehr Wissenschaftler, Verbände und Institutionen sprechen sich für ein ordnungspolitisch gestaltetes Ende der Kohle aus.
Greenpeace legt mit dieser Studie von Energy Brainpool einen detaillierten Abschaltplan vor, der Kraftwerk für Kraftwerk vorzeichnet, wie ein Ausstieg aus der Kohle bis zum Jahr 2030 gestaltet werden kann – ohne dabei die Versorgungssicherheit zu gefährden. Mit diesem Fahrplan kann Deutschland sein Klimaziel von 40 Prozent Treibhausgasreduktion bis zum Jahr 2020 einhalten. Auch die im Klimaschutzplan 2050 eingegangenen Zwischenziele für den Energiesektor bis 2030 lassen sich so erreichen. Mit diesem Plan kann Deutschland seinen Beitrag für die Umsetzung des Pariser Klimaabkommens leisten.
Mit den Erneuerbaren Energien stehen die technischen Möglichkeiten bereit, den CO2-Ausstoß wirksam und kostengünstig zu begrenzen. Wichtig ist, den notwendigen Strukturwandel in den Braunkohleregionen sozial abzufedern. Lassen wir uns nicht weiter von Politik und Energielobby verkohlen: Der Kohleausstieg ist ökologisch nötig, technisch machbar und wirtschaftlich sinnvoll. Nur mit ihm kann Deutschland seine internationalen Verpflichtungen erreichen. Zukunft lässt sich nicht aufhalten, sie muss politisch gestaltet werden. Diese Studie leistet dazu einen wichtigen Beitrag.
Karsten Smid
Klima- und Energieexperte
Juni 2017