Editorial
Regina Hagen
Gestern Iran, heute Russland und morgen fünf Mrd. Euro?
Seit Jahren wird argumentiert, ballistische Raketen stellten eine ernstzunehmende Bedrohung für Europa dar, wogegen nur der Aufbau von Abwehrsystemen helfen könne. Die USA stationierten bereits schiffbasierte Systeme im Mittelmeer; eine deutliche Ausweitung zur See und zu Land ist bis 2020 geplant. Ziel der Abwehr ist laut Präsident Obama, in Europa stationierten US-Truppen ebenso wie Verbündete und Freunde vor der „iranischen Raketenbedrohung″ zu schützen.
| Raketen /-abwehr |
Gastkommentar
Robert Lindner
Syrien nicht im Stich lassen!
Die Kämpfe in Syrien nehmen kein Ende; über vier Jahre dauert die humanitäre Krise bereits. Mehr als elf Millionen Menschen – über die Hälfte der syrischen Bevölkerung – benötigt Hilfe zum Überleben. Etwa 7,6 Millionen sind im eigenen Land vor der Gewalt auf der Flucht, vier Millionen sind ins Ausland geflohen. In Syrien selbst leben 200.000 Menschen in belagerten Städten, wo sie unter Hunger leiden und kaum Zugang zu Trinkwasser haben. Immer mehr Menschen erreicht noch nicht einmal Nothilfe: 4,8 Millionen halten sich derzeit in Gebieten auf, die von den Vereinten Nationen (UN) als schwer zugänglich definiert werden. Vor unser aller Augen spielt sich in Syrien eine der schlimmsten humanitären Katastrophen der Gegenwart ab. Dennoch gilt die Aufmerksamkeit von Regierungen und Öffentlichkeit vor allem dem Krieg und dessen Akteuren. Das alltägliche Leid der normalen Menschen, die nichts mit der Gewalt zu tun haben, kommt hingegen viel zu kurz.
| Naher Osten |
Presseschau
Jürgen Nieth
Ein guter Deal?
Am 2.4.2015 einigten sich in Lausanne die Vertreter der fünf großen Atommächte plus Deutschland mit dem Iran nach jahrelangen Verhandlungen auf »Eckpunkte« eines Abkommens, mit dem der „Atomkonflikt mit der Islamischen Republik beigelegt werden soll″ (SZ, 4.4.15, S.2).
| Iran |
Technikkonflikte
Jürgen Scheffran
Technikkonflikte in der vernetzten Welt
Angesichts der engen Verknüpfung mit menschlichen Handlungen und Interaktionen ist Technik in vielfältiger Weise in Konflikte involviert. Dies betrifft den Einsatz von Technik als Gewaltmittel, um den Ausgang von Konflikten absichtlich zu beeinflussen, Konflikte aufgrund nicht intendierter oder nicht erwünschter Folgen des Technikeinsatzes, Technikobjekte als Ziel von Konflikt- und Gewalthandlungen oder Konflikte um die Gestaltung von Technikentwicklung. Neben verschiedenen Formen von Technikkonflikten werden alternative Ansätze der Technikgestaltung diskutiert.
| Verantw. der Wiss. |
Wolfgang Neef
Die Mega-Maschine
Zur strukturellen Militanz kapitalistisch geformter Technik
Technik war zu allen Zeiten ein in Materie umgesetztes soziales Konzept. Die Leitbilder »moderner« Naturwissenschaft und Technik und ihre Methoden abstrahieren von allen menschlichen und natürlichen Bedingungen, die nicht quantifizierbar sind, also von fast allen Eigenschaften lebendiger Wesen. Das haben sie mit dem Kapitalismus gemeinsam, der die Komplexität von Ökonomie auf das Wertgesetz von »Lohn, Preis und Profit« reduziert. Kombiniert in der »Industriellen Revolution«, entwickeln sie seitdem ein gewaltiges Potential zur Veränderung und Durchdringung natürlichen und menschlichen Lebens. Realisiert als »Mega-Maschine«, die ihr exponentielles Wachstum durch die Ausbeutung fossiler Energiequellen und stofflicher Ressourcen möglich gemacht hat, missachtet sie zunehmend alle gesellschaftlichen und natürlichen Grenzen und wirkt so zerstörerisch auf die sozialen und ökologischen Lebensgrundlagen.
| Verantw. der Wiss. |
Regina Hagen
Dual-use als Strategie
Europa, der Weltraum und die Sicherheit
Als Ronald Reagan vor 31 Jahren sein Star-Wars-Programm bekannt gab, führte das nicht nur zu einer weltweiten Protestbewegung, es löste auch eine breite Debatte aus über Realisierbarkeit und Kosten. In den Folgejahren dominierten die Zweifel, viele Wissenschaftler verweigerten die Mitwirkung, und nach dem Ende des Kalten Krieges verschwand das Thema weitgehend aus der öffentlichen Wahrnehmung, allerdings nicht aus den Köpfen von Politikern und Militärs. Dabei steht für die meisten Staaten nicht die Stationierung von Weltraumwaffen im Mittelpunkt, sondern die Entwicklung von Weltraumtechnik für militärische Zwecke . Dies gilt nicht nur für die militärischen Großmächte, sondern auch für Europa.1
| Dual use (+Kerneenergie) | Weltraumforsch./-militaris. |
Roland Reimers
Drohnen
Eine unaufhaltsame Entwicklung?
An dem zunehmenden Einsatz bewaffneter Drohnen als Mittel der regulären, vor allem aber der irregulären Kriegsführung durch verschiedene Staaten entzündeten sich in den letzten Jahren politische, ethische und (völker-) rechtliche Debatten. Dabei schwingt häufig die Frage mit, was eigentlich das Neue bzw. Außergewöhnliche an diesen unbemannten Geräten sei. Der vorliegende Beitrag legt zentrale Eigenschaften der Drohnentechnologie dar und diskutiert deren Implikationen für die Beschränkung und Kontrolle des militärischen Einsatzes von Drohnen, ohne die eine weitere Eskalation des Schreckens absehbar erscheint.
| Drohnen |
Kathryn Nixdorff & Jürgen Altmann
Krieg im Kleinen?
Die Verschmelzung von Bio- und Nanotechnik
Fortschritte in den Lebenswissenschaften brachten in den jüngsten Jahren neue und verbesserte Ansätze zur Bekämpfung von Krankheiten und zur Förderung von Gesundheit. Solche Forschungen sind weiterhin wichtig und versprechen enormen Nutzen. Aber der potentielle Missbrauch der lebenswissenschaftlichen Forschungen für lebensfeindliche Zwecke darf nicht ignoriert werden. Fortschritte, die die Diskussion über Biosicherheit1 in den letzten Jahren besonders prägten, sind vor allem in den Bereichen der Bioinformatik, Gentechnik und Genomforschung, Systembiologie, Nanotechnik, Synthetischen Biologie und der Gezielten-Darreichungs- (Targeted-Delivery-) Technologien zu finden.2 Arbeiten in diesen Bereichen haben Dual-use-Eigenschaften (sind doppelt verwendbar), was es besonders schwer macht, die Vorteile zu nutzen und gleichzeitig die damit verbundenen Missbrauchsgefahren zu minimieren.
| Bio-Waffen |
Daniel Leisegang
Der cyber- militärische Komplex
Die dunkle Seite des Silicon Valley
Den Begriff »militärisch-industrieller Komplex« prägte US-Präsident Dwight D. Eisenhower vor gut 50 Jahren. Er beschrieb damit eine Entwicklung, in der die Rüstungsindustrie durch den Zweiten Weltkrieg und im Zuge des Kalten Krieges erheblich an Einfluss auf die politischen Entscheidungen in Washington gewann. Die technische Entwicklung ist seither rasant fortgeschritten; es sind vollständig neue Technikfelder entstanden, in aller Regel mit erheblichem militärischen oder Dual-use-Potential. Im digitalen Bereich, im »Cyberraum« ist die Verknüpfung von Militär und Industrie besonders eng, wie der Autor hier an zahlreichen Beispielen aufzeigt.
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Thomas Reinhold
Militarisierung des Cyberspace
Friedens- und sicherheitspolitische Fragen
Spätestens mit der Entdeckung des Computerwurms Stuxnet im Juni 2010 ist der Cyberspace in den Fokus der internationalen Sicherheitspolitik gerückt, und die Diskussionen um die Schadsoftware haben ein wichtiges Licht auf die sicherheitspolitischen Ziele geworfen, die einige Nationen im Cyberspace verfolgen. Nicht nur für Sicherheitsexperten hat sich seither die Relevanz des Themas gezeigt. Vielmehr ist auch die Friedens- und Konfliktforschung mit der Frage konfrontiert, wie sich die Militarisierung des Cyberspace eingrenzen und neue Rüstungsspiralen verhindern lassen und welche Perspektiven für eine friedliche Entwicklung dieser neuen Domäne bestehen. Für den Autor des nachfolgenden Artikels liegt der Fokus dabei auf der Identifikation der inhaltlichen Schnittmengen zwischen Friedensforschung und Informatik.
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Daniel Hiß
Fracking
Keine Technik, die begeistert
In Deutschland ist der Streit um den Einsatz von Fracking zur Förderung unkonventioneller Erdöl- und Erdgasvorkommen voll entbrannt. BefürworterInnen erhoffen sich einen neuen Boom in der heimischen Erdgasproduktion, GegnerInnen verweisen auf Umweltzerstörung und Gesundheitsbeeinträchtigungen durch den Fracking-Boom in den Vereinigten Staaten. Aber worum genau geht es in diesem Technikkonflikt, der in vielen Staaten dieser Welt ausgetragen wird? Wer sind die Akteure, und was sind ihre Ziele?
| Verantw. der Wiss. |
Niko Paech & Björn Paech
Wachstum, Fortschritt, Frieden
Wirtschaftliches Wachstum und eine fortwährende Steigerung technischer Mittel sind nicht zufällig zum prägenden Merkmal moderner Entwicklungsvorstellungen geworden. Eine Vermehrung menschlicher Entfaltungsspielräume und materiellen Reichtums soll Verteilungskonflikte lindern und somit Frieden stiften. Aber diese Rechnung geht inzwischen nicht mehr auf. Deshalb steht ein doppelter Paradigmenwechsel an, nämlich die Abkehr vom Wachstumsdogma und – damit untrennbar verbunden – ein bescheidenerer Anspruch an die Möglichkeiten der Technik.
| Verantw. der Wiss. |
Atomwaffen
Matthias Englert & Moritz Kütt & Andreas Löpsinger
Oslo, Nayarit und Wien
– Humanitäre Aspekte in der nuklearen Abrüstungsdebatte
Im April und Mai 2015 kommt wieder ein Großteil der 190 Staaten in New York zusammen, die Mitglieder des nuklearen Nichtverbreitungsvertrages (NVV) sind. Sie sollen die Umsetzung des 1970 in Kraft getretenen Vertrages überprüfen, schließlich haben sich die Länder mit ihrem Beitritt nicht nur zur Nichtverbreitung, sondern auch zu Verhandlungen über die vollständige Abrüstung der vorhandenen Kernwaffenarsenale verpflichtet. Die Vertragskonferenzen sind vom Ablauf wie von den inhaltlichen Stellungnahmen längst zum Ritual erstarrt, auf beiden Seiten: den Regierungen wie den akkreditieren Nichtregierungsorganisationen. Doch seit 2010 ist ein anderer Ton in die Debatte gekommen: Es wird (wieder) über die humanitären Aspekte von Atomwaffen geredet, und als Konsequenz wird auch (wieder) über einen Verbotsvertrag diskutiert. Die Autoren beleuchten, wie es dazu kam, worin die Debatte besteht, und wo die Probleme liegen.
| A-waffen |
Rüstungskontrolle
Hans-Joachim Schmidt
Der lange Abschied Russlands von KSE
Mitte März berichteten die deutschen Medien, Moskau habe einseitig den KSE-Vertrag aufgekündigt. Diese Meldungen zeichneten ein schiefes Bild von der Situation, von einer Vertragskündigung war nämlich nicht die Rede. Dass das KSE-System bröckelt, ist dennoch unübersehbar. Und es deutet alles darauf hin, dass Rüstungskontrolle zwischen Russland und den Ländern des Westens vorläufig ein schwieriges Thema bleibt.
| Rüstungskontrolle |
Friedensforschung
Dr. Thomas Nauerth
Liebe statt Güte
Warum am Wort »gewaltfrei« festzuhalten ist
Binnen weniger als zwanzig Jahren etablierte sich in Teilen der Friedensforschung und – bewegung unter Verweis auf Gandhis Verständnis von Gewaltlosigkeit bzw. Gewaltfreiheit ein neues Wort: „In den 1990er Jahren haben wir uns entschieden, »Satjâgrah« mit »Gütekraft« wiederzugeben″, erinnerten sich vor wenigen Jahren zwei damals an der Wortfindung beteiligte Friedensforscher.1 Eine kritische Debatte über diese Neuverdeutschung, über die immer häufigere Ersetzung der bisherigen Vokabeln »Gewaltlosigkeit« oder »Gewaltfreiheit« durch »Gütekraft«, fand bislang nicht statt. Der Autor dieses Artikels rät zur Vorsicht bei der Verwendung des Begriffes. »Gütekraft« als Wort helfe in der Debatte um Gewalt und Gewaltfreiheit nicht entscheidend weiter und habe zudem verschiedene Nachteile, die bedacht werden wollten und müssten.
| Pazifismus | Friedenswiss./-forschung |
Forum
W&F-Herausgeberkreis
Aus dem Herausgeberkreis
Aus dem Herausgeberkreis von W&F-Herausgeberkreis Atomwaffen und geltendes Völkerrecht Schreiben an den Botschafter der Russischen Föderation
Das folgende Schreiben schickte IALANA am 23. März 2015 an den Botschafter der Russischen Föderation in Berlin, Wladimir M. Grinin:
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Lucas Wirl
Zivilklausel in Bewegung
Arbeitstreffen »6 Jahre aktuelle Zivilklausel«, 24./25. Januar 2015, AStA TU Berlin
Gut sechs Jahre, nachdem Dr. Subrata Ghoshroy vom Massachussetts Institute of Technology (MIT) in einem voll besetzten Hörsaal an der Universität Karlsruhe über Rüstungsforschung in den USA und die große Abhängigkeit vieler US-Universitäten von Geldern des Pentagon referierte, zog die Zivilklauselbewegung Bilanz über ihre Arbeit, über Erfolge, Niederlage und Probleme. An dem Arbeitstreffen nahmen ca. 60 Aktive aus 26 Hochschulen, von GEW und ver.di sowie aus friedensbewegten Organisationen teil.
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Raina Zimmering
Krieg um die Köpfe
Kongress der NGfP, 3.-8. März 2015, Berlin
Die Neue Gesellschaft für Psychologie (NGfP) organisierte in Berlin den Kongress »Krieg um die Köpfe. Diskurs der Verantwortungsübernahme«, und nahm damit ein drängendes politisches Problem in Augenschein.
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