Editorial
Fabian Virchow
Jugend und Veränderung
Erst die Aufklärung als besondere Epoche westlicher Philosophie schuf »Jugend« als eigene Wirklichkeit und besondere Lebensphase. Lange hatte dann zunächst, wer von »der Jugend« sprach, vor allem junge Männer der Mittel- und Oberschicht im Blick. Inzwischen hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass »Jugend« ein historisch gewachsener Begriff ist. Dieser ist angesichts seiner regelmäßigen Instrumentalisierung durch politische Bewegungen nicht nur hinsichtlich seiner je spezifischen ideologischen Funktion kritisch zu befragen, sondern auch nach den Spezifika seines historischen Auftretens entlang gesellschaftlicher Strukturmerkmale wie Klasse und Geschlecht zu untersuchen und zu würdigen. Allgemeine Etiketten, die »die Jugend« angemessen zu charakterisieren beanspruchen, sind fehl am Platze. Trotz Globalisierung: Die Lebenssituationen der Mehrheit der jungen Menschen im »globalen Süden« sind mit denen ihrer AltersgenossInnen im »globalen Norden« kaum zu vergleichen.
| Menschenrechte | Konflikt-/Gewaltursachen |
Gastkommentar
Günter Burkhardt
(Kein) Grundrecht auf Asyl
Bis vor zwanzig Jahren hieß es im deutschen Grundgesetz noch knapp und dennoch klar: „Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.″ Das war 1949 die Antwort des Parlamentarischen Rates auf die Verfolgung durch die Nationalsozialisten. Das Grundrecht auf Asyl entzog sich damit der Steuerbarkeit durch die Politik. Es war als subjektives Recht ausgestaltet – einklagbar vor Gericht.
| Asyl/Flucht | Menschenrechte |
Presseschau
Jürgen Nieth
Der bejubelte Putsch
Wenn das Militär einen gewählten Präsidenten absetzt, nennt man das normalerweise einen Militärputsch. Im Fall Ägypten vermeiden die meisten Regierungen jedoch dieses Wort. „Verwirrte westliche Politiker kritisierten die Mittel, aber lobten den Zweck; scheuten das Wort Putsch und sprachen lieber von einer Militärintervention, unternommen um schlimmeres zu verhindern.″ (Spiegel 28/2013, S.75). Kritik und Verständnis, das ist auch der Tenor vieler Kommentare in den deutschen Tageszeitungen.
| Militär und Gesellsch. |
Jugend unter Beschuss
Jonna Schürkes
Junge Männer und der Krieg
»Youth Bulge« im sicherheitspolitischen Diskurs
Im Zuge des »arabischen Frühlings« hat die These, dass viele junge Männer die Stabilität einer Gesellschaft gefährden, neuen Aufwind bekommen. Viele Vertreter der »Youth Bulge«-These teilen die Welt in jene Gesellschaften, in denen es zu viele junge Männer und daher Unruhen, Aufstände und Bürgerkriege gebe, und solche, in denen ein Mangel an jungen Männern eine globale Ordnungspolitik erschwere. Während die zuerst genannten Gesellschaften vor allem im globalen Süden zu finden seien, lägen letztgenannte in Europa und Nordamerika. Der folgende Artikel argumentiert, dass diese Annahme nicht nur hervorragend in die vorherrschende Bedrohungsanalyse westlicher Sicherheitsexperten passt, sondern auch in die strategischen Überlegungen für zukünftige Kriege einfließt.
| Konflikt-/Gewaltursachen |
Annika Henrizi
Jugend in Bagdad
Handlungsmöglichkeiten in virtuellen und städtischen Räumen
Am 21. März 2013 jährte sich der Beginn des dritten Golfkriegs zum zehnten Mal. Für internationale Medien war das Anlass, etwas ausführlicher über die Situation in einem Land zu berichteten, dessen Wirtschaft sich bis heute nicht von Kriegen und Sanktionen erholt hat und in dem Frieden eine vage Hoffnung bleibt. Jenseits solcher Ereignisse oder der kurzen Meldungen über folgenreiche Anschläge allerdings ist das Interesse der Medien am Irak ebenso wie das der Friedensforschung in den letzten Jahren zurückgegangen. Dies mag zum Teil an der Arabellion liegen, die andere Länder in den Mittelpunkt rückte; es kann aber auch als Ausdruck einer Ratlosigkeit gegenüber der andauernden Gewalt im Irak gesehen werden. So wird insbesondere in den westlichen Medien ein Bild des Landes gezeichnet, in dem nichts als Gewalt und Angst existiert. Doch welche Rolle spielen Jugendliche in einer Gesellschaft, die seit mehr als 30 Jahren unter Diktatur, Krieg und Besatzung sowie deren Folgen leidet? Während mehrerer Aufenthalte im Irak 2012 und 2013 ging die Autorin der Frage nach, wie Jugendliche im Irak ihre Gesellschaft wahrnehmen, ob und wie sie sich zivilgesellschaftlich engagieren. Ohne die gravierenden Probleme zu beschönigen, wagt der Artikel einen Blick auf das Land, der einen wenig bekannten Ausschnitt der Realität eröffnet.
| Irak/Golfkriege | Konfliktbearb./-prävention |
Sara Seifried
Jesus′ Weg zum Frieden!
Soziales Leben guatemaltekischer Jugendlicher in Zeiten der Gewalt
Die Gewaltrate in Guatemala ist hoch, auch zwanzig Jahre nach dem Bürgerkrieg. Das hat Auswirkungen auf die gesamte Gesellschaft, führt zu einer Kultur der Angst und zum Rückzug ins private Leben. Für junge Menschen ist das besonders einschneidend, denn es sind zwar oft junge Männer die Täter, aber eben auch die Opfer der Gewalt. Welche Konsequenzen hat dies für ihren Alltag, wie gestalten sie ihre Freizeit und ihr soziales Leben? Dies hat Sara Seifried erkundet.
| Lateinamerika | Zivile Verwundbarkeit |
Rita Schäfer
Jugendliche und Homophobie
Hassgewalt in Südafrika
Hassgewalt gegen Homosexuelle in Südafrika, die in (Gruppen-) Vergewaltigungen und der Ermordung von Lesben durch jugendliche Täter gipfelt, ist Ausdruck verbreiteter homophober Einstellungen, Besitz ergreifender Sexualitätskonzepte, martialischer Männlichkeit und vielschichtiger Gewaltstrukturen. Diese Gewaltmuster wurden vor und während der Apartheid etabliert; trotz Gesetzesreformen wurden sie bis heute nicht revidiert.
| Menschenrechte | Afrika |
Simon Moses Schleimer
In die fremde Heimat
Die Remigration kurdischer Jugendlicher in den Nordirak
Seit dem Sturz des Regimes von Saddam Hussein im Jahr 2003 ist ein wachsender Trend der Remigration von kurdischen Familien aus Deutschland in den Nordirak zu verzeichnen. Wie die in Deutschland sozialisierten Kinder und Jugendlichen die Remigration in die traditionelle und patriarchale Gesellschaftsstruktur der Autonomen Region Kurdistan bewerkstelligen, soll mithilfe des »Kulturschock«-Konzepts von Oberg (1960) in diesem Artikel dargestellt werden.
| Irak/Golfkriege | Asyl/Flucht |
Kathrin Jonkmann & Ingrid Bildstein
Weniger verträglich
Wie der Wehrdienst die Persönlichkeit beeinflusst
Dass traumatische Kriegserlebnisse tiefe emotionale Narben bei Veteranen hinterlassen können, die ihre Fähigkeit, im Leben »danach« zurechtzukommen, stark beeinflussen, ist kein Geheimnis. Eine gemeinsame Studie von Psychologen der Universität Tübingen und der Washington University in St. Louis, USA legt jetzt nahe, dass schon allein der Wehrdienst, also auch ohne einen Einsatz im Kampf, einen anhaltenden Effekt auf die Persönlichkeit des Menschen hat.
| Friedens-/ Kriegspsych. | Militär und Gesellsch. |
Jürgen Nieth
Kinderrechtskonvention
1989 wurde das »Übereinkommen über die Rechte des Kindes« (kurz als »UN-Kinderrechtskonvention« bezeichnet) verabschiedet. Von Deutschland wurde sie 1990 unterzeichnet und 1992 ratifiziert. Die Kinderrechtskonvention hat 54 Artikel und gilt nach Artikel 1 für jeden Menschen, „der das achtzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet hat″. Familienministerin Ursula von der Leyen macht in der von ihrem Ministerium herausgegebenen über 90 Seiten starken Broschüre darauf aufmerksam, dass „an vielen Stellen der Welt″ Kinderrechte missachtet werden. „Man denke an die Entwicklungsländer, in denen Kinder hungern. Oder an die Kindersoldaten.″ Sie verweist darauf, „Kinderarbeit gehört in manchen Ländern ebenfalls zum täglichen Bild.″ Selbstkritisch merkt sie an, „auch in Deutschland leiden manche Kinder unter Armut und Gewalt″. Wir drucken nachfolgend einige Artikel der »UN-Kinderrechtskonvention« auszugsweise ab und bitten Sie, den Blick nicht nur auf die Entwicklungsländer zu richten, sondern zuerst einmal auf unser Land und die EU. Wie ist das mit den Kindern, die unter den Bedingungen von Harz IV bei uns aufwachsen, welchen Anteil hat unsere Industrie an der Kinderarbeit in den Billiglohnländern Asiens (Artikel 32) oder wie verträgt sich der deutsche Einsatz für die »Festung Europa« mit Artikel 22 »Flüchtlingskinder«. Sollten die Drohnen-Pläne des Verteidigungsministers verwirklicht werden, dürften den toten Kindern von Kundus weitere »Kollateralschäden« folgen (Artikel 38). Ein Blick in den Süden der EU verdeutlicht die große Kluft zwischen Anspruch (Kinderrechtskonvention) und Wirklichkeit auch in Europa. 5,6 Millionen junge Menschen unter 25 Jahren waren Ende April in der EU arbeitslos. Das waren 59,1% der jungen Menschen in Griechenland, 55,9% in Spanien, 38,4% in Italien und 38,3% in Portugal (Guardian, 07.05.13). Viele dieser jungen Arbeitslosen haben auch keinen Zugang zur Gesundheitsversorgung mehr. Und keiner sage, das hat aber doch nichts mit uns zu tun. Für die Sparpolitik, die diesen jungen Menschen die Perspektive nimmt, war und ist die Bundesregierung federführend verantwortlich.
| Menschenrechte |
Dieter Lünse
Gewaltprävention in Schulen
Wenn spektakuläre Ereignisse wie der Amoklauf in Winnenden Schlagzeilen machen, ist Gewalt an Schulen kurzfristig in aller Munde. Der Alltag an Schulen jedoch ist eher von vielen kleinen Vorfällen geprägt. Dabei ist entscheidend, wie die Kultur der Schule im Umgang mit Konflikten und Gewalt aussieht, denn dies kann innerschulischen Frieden fördern oder behindern. Mittels Programmen zur Gewaltprävention können Methoden, Kompetenzen und ein konstruktiver Umgang mit Konflikten erarbeitet werden. In Hamburg werden wie in allen anderen Bundesländern seit 15 Jahren entsprechende Programme entwickelt, die die Qualität dieser Arbeit zeigen.
| Konfliktbearb./-prävention |
Friedensprozesse
Gülistan Gürbey
Wende im türkisch-kurdischen Konflikt?
Zu den Gesprächen zwischen der Türkei und Öcalan
Knapp 30 Jahre nach Beginn des Krieges zwischen der Türkei und der PKK (Arbeiterpartei Kurdistans), dem seit 1984 mehr als 40.000 Menschen zum Opfer fielen, hat sich auf beiden Seiten die Erkenntnis durchgesetzt, dass dieser Kampf militärisch nicht zu gewinnen ist. Die AKP-Regierung1 führt daher Gespräche mit dem Führer der PKK, Abdullah Öcalan, der im Februar 1999 zu lebenslanger Haft verurteilt wurde und auf der Gefängnisinsel Imrali inhaftiert ist. Ziel der AKP-Regierung ist es, die Entwaffnung der PKK und eine Beendigung des Gewaltkonfliktes zu erreichen.
| Konfliktbearb./-prävention |
Reiner Braun & Kristine Karch
Afghanistan – ein Schrei nach Frieden
Impressionen einer Reise
Eine kleine, selbst organisierte Reisegruppe besuchte vom 16. bis 23. Mai 2013 trotz vielfacher Warnungen Kabul. Die Teilnehmer/innen der Reise1 kennen sich seit einigen Jahren von gemeinsamen Aktivitäten für den Frieden und von Protesten gegen die Stationierung der NATO-Truppen in Afghanistan. Zwei Mitreisende fassten ihre Eindrücke zusammen und schrieben den folgenden Bericht.
| Afghanistan |
Antisemitismus
Wilhelm Kempf
Antisemitismus und Israelkritik
Mythos und Wirklichkeit eines spannungsreichen Verhältnisses
Israelkritik wird (nicht nur) in Deutschland mit großer Regelmäßigkeit über einen Kamm geschert und als antisemitisch gebrandmarkt. Die Bundestagsdebatte über den angeblichen Antisemitismus der Linken (vgl. Melzer 2011), der Medienaufruhr über das (zweifellos recht naive) Gedicht von Günther Grass (vgl. Krell & Müller 2012) und die Auseinandersetzung um Jakob Augstein, den Herausgeber der linken Wochenzeitung »Der Freitag«, sind dramatische Beispiele dafür. Glaubt man dem Kulturredakteur beim Nachrichtenmagazin »Der Spiegel«, Matthias Matussek (2013, S.15), dann droht die Gefahr „nicht von ewiggestrigen Nazi-Rülpsern, sondern aus dem linken Milieu″. Aber kann man ihm glauben? Worauf gründet sich der Antisemitismusvorwurf gegen die Kritiker Israels denn überhaupt? Ist das rechte Spektrum tatsächlich vernachlässigbar? Und ist es wirklich das linke Spektrum, von dem die Gefahr einer Renaissance des Antisemitismus droht?
| Friedens-/ Kriegspsych. | Israel/Palästina |
Bundestagswahl
Plattform Zivile Konfliktbearbeitung
Friedenspolitische Forderungen
Kurzfassung
Die Prävention von Krieg und Gewalt ist eine der zentralen Herausforderungen für Politik und Gesellschaft, deshalb:
| Friedensbewegung |
Forum
Ingo Henneberg
Frieden und Grenzen
45. AFK-Jahreskolloquium der Arbeitsgemeinschaft Friedens- und Konfliktforschung (AFK), 28. Februar bis 2. März 2013, Tutzing
Das Jahreskolloquium 2013 »Frieden und Grenzen: Herausforderungen für die Friedens- und Konfliktforschung« der AFK wurde in Kooperation mit der Akademie für Politische Bildung Tutzing sowie der Evangelischen Akademie Villigst durchgeführt und fand vom 28. Februar bis 2. März in Tutzing statt. Gefördert wurde die Tagung durch die Deutsche Stiftung Friedensforschung (DSF).
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Regina Hagen
„… die Frage nach unserer Zukunft″
Verleihung des Göttinger Friedenspreises 2013, 9. März 2013, Göttingen
Als „Nestor der Friedensbewegung″ bezeichnete ihn die Jury des Göttinger Friedenspreises 2013. Und das trifft es genau. Für die meisten von uns war er während unseres gesamten friedenspolitischen Engagements Wegbegleiter: Andreas Buro war sozusagen schon immer da. Als Redner und Diskussionspartner, als Vordenker und Anstifter unzähliger Projekte, als Mahner und Mutmacher, als Akademiker und Aktivist prägt er die friedens- und menschenrechtspolitische Debatte seit fast 60 Jahre entscheidend mit. In seinem Engagement ließ er sich von einer unfriedlichen, kriegerischen, militärbetonten, rüstungsgeilen Politik nie beirren, und blieb dabei selbst immer zuallererst – Mensch.
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W&F-Herausgeberkreis
Aus dem Herausgeberkreis
Verleihung des Peter-Becker-Preises 2012
Kein Klagerecht gegen Atomwaffen
FifF-Arbeitskreis RUIN wiedergegründet
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