Editorial
Albert Fuchs
Ja zur Friedensarbeit – auch wenn es eine Sisyphosarbeit ist
Was aber bedeutet friedenspolitische Verankerung in Zeiten der schamlosen Remilitarisierung der Politik (Kosovo, Tschetschenien…)? In Zeiten des ersten deutschen – zu allem Überfluss auch noch rot-grünen – Nachkriegs-Kriegskabinetts? Und angesichts der nicht abbrechenden Kette der friedenspolitischen Flopps dieses Kabinetts? Und was bedeutet friedenswissenschaftliche Verankerung in Zeiten der Rechtfertigung militärischer Gewalt durch gestandene FriedenswissenschaftlerInnen? Ich denke in solchen Zeiten sind wir gehalten, uns auf unsere vorrangige Verankerung in der Friedensbewegung zu besinnen.
| Friedensbewegung |
Bonner Notizen
Jürgen Nieth
Bonner Notizen
Kindersoldaten Eine »Europäische Konferenz über den Einsatz von Kindern als Soldaten« endete nur mit einem Kompromiss. Die TeilnehmerInnen riefen dazu auf, die Beteiligung von Kindern unter 18 Jahren an bewaffneten Konflikten zu verbieten. „Abgeschwächt wurde die Erklärung allerdings durch die Weigerung Österreichs, Frankreichs, Luxemburgs, der Niederlande und Englands, die Rekrutierung von Jugendlichen zu verbieten″, teilte die »Coalition to Stop the Use of Child Soldiers« mit. Auch in Deutschland können 17-Jährige Soldat werden.
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Rückblick
Elisa Kauffeld
Erinnerungen an drei deutsche Kriege
Vor dem Ersten Weltkrieg geboren, im Zweiten Weltkrieg als Kriegerwitwe fast dauernd unterwegs und mit dem Überlebenskampf beschäftigt, im »Alter« eine der Aktiven in der Friedensbewegung. Elisa Kauffeld erinnert sich, schildert ihre Kriegseindrücke und bezieht Position – auch zum letzten der Kriege mit deutscher Beteiligung in diesem Jahrhundert.
| Friedensbewegung | Historische Friedensf. |
Gerhard Zwerenz
Von Suttner zu Orwell
Oder: Nennen wir den Krieg Frieden
Für ihr Buch »Die Waffen nieder« erhielt Bertha von Suttner 1905 den Friedensnobelpreis. Als sie neun Jahre später starb, steuerte Deutschland auf den Ersten Weltkrieg zu und Felix Dahn dichtete: „Die Waffen hoch! Das Schwert ist Mannes eigen! Wo Männer fechten hat das Weib zu schweigen!″Gerhard Zwerenz über das Jahrhundert, an dessen Beginn eine erste internationale Friedenskonferenz stand, das durch zwei Weltkriege gezeichnet wurde und an dessen Ende wieder einmal Deutschland Krieg führte.
| Historische Friedensf. | Pazifismus |
Till Bastian
Albert Schweitzer – Ehrfurcht vor dem Leben
Albert Schweitzer: Philosoph, Arzt, Organist, Friedensnobelpreisträger. Als »Urwalddoktor« wurde er für Generationen zum Symbol für gelebten Humanismus, als Friedensnobelpreisträger nutzte er seine Möglichkeiten zum Kampf gegen die A-Bomben-Tests. Untrennbar verbunden ist sein Bild mit den Aktionen der Bewegung »Kampf dem Atomtod«. Trotzdem blieb er umstritten und nicht nur wegen seiner politischen Aktivitäten angefeindet. Till Bastian zeichnet »Ein Lebensbild aus subjektiver Perspektive«.
| Pazifismus |
Wolfgang Sternstein
Gandhis Konzept der aktiven Gewaltfreiheit und die Friedensbewegung
Zur Zeit des Kosovo-Kriegs haben »bekennende BellizistInnen« sich nicht gescheut, zur »Aufrüstung der Seelen« ihrer Gefolgsleute auch Gandhi als Apostel der »guten Gewalt« der NATO zu vereinnahmen. Der Beitrag von W. Sternstein zeigt, dass derartigen Versuchen, wenn sie nicht gar eine bewusste Missdeutung der einen oder anderen Gandhi-Äußerung darstellen, doch ein recht oberflächliches Verständnis von Gandhis Satjagraha-Lehre und -Praxis zu Grunde liegt. Eine vertiefte Auseinandersetzung mit Gandhis Position zum Problem der politischen Gewalt könnte den festgefahrenen Diskurs zwischen BellizistInnen und PazifistInnen hierzulande wieder in Gang bringen und der Friedensbewegung neue Perspektiven eröffnen.
| Pazifismus |
Ulrike Kronfeld-Goharani
Marie Curie – Die Verantwortung der Wissenschaft
Die Geschichte von Marie Curie ist nicht nur die Geschichte einer der herausragenden Wissenschaftlerinnen des 20. Jahrhunderts, es ist auch die Geschichte einer Frau die sich ein Leben lang für die Verantwortung der Wissenschaft, unabhängig von ökonomischen Verwertungsinteressen, eingesetzt hat. Mit ihrem unermüdlichen Forschungsdrang, der ein Leben lang andauerte, leistete sie durch ihre Entdeckungen nicht nur Bedeutendes für die Wissenschaft, sondern legte aus einem humanen Verantwortungsgefühl heraus auch den Grundstein für die Entwicklung der modernen Radiotherapie in der Medizin.
| Verantw. der Wiss. |
Werner Brill
Georg Elser – „Den Hitler jag ich in die Luft″
Das Datum des 20. Juli 1944 ist in Deutschland weitgehend bekannt als der Tag, an dem auf Adolf Hitler ein fehlgeschlagenes Bombenattentat verübt wurde. Graf von Stauffenberg hatte im Führerbunker eine Bombe deponiert die zwar explodierte, aber nicht den erwünschten Erfolg zeitigte: Hitler überlebte. Weithin unbekannt geblieben ist dagegen, dass bereits im November 1939 (also kurz nach Kriegsbeginn) ein Schreiner namens Georg Elser aus einem kleinen Dorf in Württemberg im Münchener Bürgerbräukeller einen präzise geplanten Bombenanschlag gegen Hitler durchführte, dem Hitler nur entkam, weil der Festakt kurzfristig vorverlegt wurde. Hätte Hitler diesen Anschlag nicht überlebt, die Geschichte wäre möglicherweise anders verlaufen.
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Günter Giesenfeld
Ho Chi Minh
Versuch über einen Mythos
Wer sie miterlebt hat, die Friedensdemonstrationen Ende der Sechziger- und Anfang der Siebzigerjahre, der hat die »Ho-Ho-Ho Chi Minh«-Rufe noch im Ohr; skandiert als Protest gegen den Agressionskrieg der USA in Vietnam, als Solidarität mit »David« im Kampf gegen »Goliath«, skandiert aber auch als Ausdruck des Strebens nach gesellschaftlicher Veränderung, nach einer Alternative zum Kapitalismus. Wurde Ho Chi Minh in der Protestbewegung des Westens – neben Che Guevara – zum Symbol für den antiimperialistischen Kampf, so wurde er im eigen Volk – den Sieg selbst nicht mehr erlebend – zum Mythos. Wer war dieser Mann? Günter Giesenfeld – Versuch über einen Mythos:
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Detlef Horster
Nelson Mandela: Versöhnung statt Rache
Wie schwierig der Umgang einer Gesellschaft mit ihrer gewalt- und verbrechenbelasteten Vergangenheit ist, wurde vor einem Jahr hierzulande durch Martin Walsers umstrittene Rede zur Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels wieder einmal schlaglichtartig deutlich. Unter den diversen »Vergangenheitspolitiken« (N. Frei) nimmt Nelson Mandelas Versöhnungspolitik mit Hilfe des Instituts der »Wahrheitskommission« eine Sonderstellung ein. Wollte sie doch nicht nur eine integrative Wahrheit der Tatsachen, sondern auch eine integrative Wahrheit der Bewertung erreichen. So gewiss dieser Ansatz bestimmte strukturelle Bedingungen der südafrikanischen Übergangsgesellschaft zur Voraussetzung hat, so gewiss verdankt er sich der Persönlichkeit Nelson Mandelas, seiner politischen Philosophie, seinem Selbstverständnis als politischer Führer und seinen politischen Zielen. Insofern kann auch Mandela als eminenter Vertreter eines »Verantwortungspazifismus« im 20. Jahrhundert gelten.
| Konfliktbearb./-prävention |
Augenblick
Horst Grabert & Paul Schäfer
Kosovo – Gewalt löst keine Probleme
Interview mit Horst Grabert
Menschen leben unter unwürdigen Bedingungen, Minderheiten werden verfolgt und vertrieben und eine Lösung des Konflikts ist auch 5 Monate nach dem NATO-Krieg gegen Jugoslawien nicht in Sicht. Die Geschichte Europas lehrt, dass Gewaltlösungen früher oder später schief gehen, meint Horst Grabert, und das bestätige sich jetzt im Kosovo. Im Interview mit Paul Schäfer zieht er eine bittere Bilanz der deutschen und »westlichen« Balkanpolitik und spricht sich für ein Zurück zu einer Politik des Gewaltverzichts und die Stärkung der internationalen zivilen Institutionen aus.
| Balkan (-kriege) | Konfliktbearb./-prävention |
Rainer Werning
Katastrophenkataster Osttimor
Knapp 80 Prozent der Wahlberechtigten stimmten am 30. August in einem Referendum für die Unabhängigkeit Osttimors. Mit diesem Ergebnis hatte der seit Mai 1998 amtierende Suharto-Vertraute und -Nachfolger im Präsidentenpalast zu Jakarta, Dr. Bacharuddin Jusuf Habibie, wohl nicht gerechnet, als er Anfang dieses Jahres mit Verweis auf die erdrückenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten auf dem Archipel verkündete, Osttimor noch vor der Jahrtausendwende über sein künftiges Schicksal selbst entscheiden zu lassen. Das Militär opponierte, proindonesische Milizen zerstörten, mordeten und vertrieben Hunderttausende auf Osttimor. Habibie musste abdanken. Doch ob die neue Regierung unter Abdurrahman Wahid die Unabhängigkeit Osttimors tatsächlich respektieren wird und ob dieser sein Versprechen „Indonesien nach einem förderalistischem System mit weitgehender Autonomie der einzelnen Provinzen zu organisieren″ einhalten wird, bleibt abzuwarten.
| Konflikt-/Gewaltursachen |
Rainer Freitag-Wirminghaus
Kaukasus: Im Norden Krieg – im Süden Wende zum Frieden?
Die jüngsten Ereignisse im Kaukasus machen deutlich, dass Europa an seiner Peripherie eine zweite Krisenregion hat, die noch unüberschaubarer erscheint als die Balkanregion. Während in Tschetschenien die Zivilbevölkerung die Hauptlast einer verfehlten Politik Moskaus trägt und die Russische Regierung den Kampf gegen den islamistischen Terrorismus zum Vorwand nimmt, um die abtrünnige Republik zurück in die Föderation zu holen, hat in Armenien der Mord an führenden Politikern ein politisches Vakuum hinterlassen. Gleichzeitig trifft der Druck der USA auf Armenien und Aserbaidschan für eine Friedenslösung im Konflikt um Berg Karabach auf massiven Widerstand in beiden Lagern. Hier wird die enge Verzahnung zwischen den nord- und südkaukasischen Konflikten deutlich. Vom Schwarzen bis zum Kaspischen Meer erstreckt sich eine Zone der Instabilität, die Russland vom geostrategisch wichtigen und erdölreichen Südkaukasus trennt. Diese Situation zu verändern ist ein wesentliches Motiv des Tschetschenienfeldzuges.
| Kaukasus/Kasp. See |
Felicia Langer & Klaus D. Fischer
Palästina: Frieden mit Gerechtigkeit?
Interview mit Felicia Langer
Für die Osloer »Verhandlungslösung« zwischen Israel und der PLO bekamen Shimon Peres und Yassir Arafat den Friedensnobelpreis. Die Welt blickte erwartungsvoll auf die Entwicklung im Nahen Osten. Erschrecken nach dem Mord an Rabin 1994 und Ernüchterung nach der anschließenden Wahl Netanjahus. 1999 verspricht die neue Regierung Barak am »Friedensprozess« wieder anzuknüpfen. Wie stehen die Chancen für den Frieden und die Zukunft des Palästinensischen Volkes? Klaus D. Fischer interviewte Felicia Langer, die erste jüdische Rechtsanwältin und die bekannteste, die sich in Israel unermütlich für die Rechte der PalästinenserInnen einsetze und dafür 1990 mit dem alternativen Nobelpreis ausgezeichnet wurde.
| Naher Osten | Israel/Palästina |
Ekkehard Forberg & Ulf Terlinden
Somaliland – Waffenkontrolleals Baustein zum Frieden
In bewaffneten Auseinandersetzungen kommen heute die meisten Menschen durch Kleinwaffen1 um. In vielen Konflikten macht es gerade der Einsatz dieser leicht zu handhabenden Waffen den Konfliktparteien möglich, nicht ausgebildete ZivilistInnen oder Kinder zu rekrutieren und in den Kampf zu schicken. Nach dem Ende eines Krieges bedeutet die Präsenz großer Mengen dieser Waffen in der Bevölkerung ein abrufbereites Potenzial für neue Konflikte in den traumatisierten Gesellschaften. Der vorliegende Artikel – der auf den Ergebnissen eines Forschungsaufenthaltes2 der Autoren im Jahre 1998 basiert – beschreibt am Beispiel Somalilands die Komplexität der Thematik und zeigt spezifische Möglichkeiten der Vor-Ort-Kontrolle von Kleinwaffen auf.
| Konfliktbearb./-prävention |
Mari Fitzduff & Corinna Hauswedell
Nordirland – Jahrhundertkonflikt am Ende?
Interview mit Mari Fitzduff
Nach 25 Jahren Bürgerkrieg deutete sich Mitte der Neunzigerjahre eine Wende an: politische Verhandlungen mit allen Beteiligten, eine vielversprechende Vereinbarung 1998 – das Good Friday-Abkommen, der Friedensnobelpreis für John Hume und David Trimble als Repräsentanten der beiden Lager und dann doch immer wieder neue Probleme, Blockaden.Vier Wochen nach Durchführung des folgenden Interviews ein hoffnungsvolles Ende der »no guns – no goverment«-Sackgasse: Am 2. Dezember wurde nach 27 Jahren britischer Herrschaft die Macht an eine nordirische Regionalregierung mit gleichberechtigter Beteiligung von ProtestantInnen und KatholikInnen übertragen, die politische Verwirklichung des Abkommens kann beginnen und mit ihr der Abrüstungsprozess.Nach den Ursachen des Konflikts, seinen Mustern und den Lösungsstrategien fragte Corinna Hauswedell die Direktorin von INCORE, Mari Fitzduff.
| Konfliktbearb./-prävention |
Ulf Baumgärtner
El Salvador – Problematische Dynamik institutionalisierter Konfliktlösung
Seit fast acht Jahren ist das kleine mittelamerikanische Land El Salvador auf dem Weg zu einem »dauerhaften Frieden«, dem Ziel, das sich die unter dem Namen »Esquipulas II« bekannte Initiative der damaligen mittelamerikanischen Präsidenten 1987 setzte. Der »nicht internationale bewaffnete Konflikt« – so die Definition des Protokolls II zu den Genfer Abkommen vom 12. August 1949 – begann 1980, dem Jahr, in dem Erzbischof Romero ermordet und die FMLN (Nationale Befreiungsfront Farabundo Martí) als Zusammenschluss von fünf Guerilla-Organisationen gegründet wurde. Beendet wurde er mit den Friedensverträgen zwischen der salvadorianischen Regierung und der FMLN am 16. Januar 1992. Der salvadorianische Friedensprozess gilt als erfolgreich. Ist er es wirklich?
| Konfliktbearb./-prävention |
Ausblick
Johannes M. Becker
Für ein ziviles Europa
Während des akuten Bombens im laufenden Jugoslawienkrieg erhielt der französische Kommandant eines Flughafens an der albanischen Grenze von einem US-amerikanischen Kollegen ein Fax mit etwa folgendem militärischen Wortlaut: „Ankomme mit Apache-Helikoptern Montag 20.15 Uhr. Flughafen ist zu räumen.″Der französische Kommandant gab seinem Stab zum einen zu bedenken, dass der Räumungsbefehl zu kurzfristig sei. Zum anderen fand er, und auch hier stimmten ihm seine Offiziere zu, den Ton seines US-Kollegen wenig kollegial. (Schließlich bleibe nicht unerwähnt, dass die Übergabe während der Zeit des Dinners stattfinden sollte…).Nun. Die US-amerikanischen Truppen kamen am Montag um 20.15 Uhr. Sie bauten ihre Helikopter zusammen und ließen sie kurze Zeit später über den Gefechtszelten (ein moderner Krieg wird wesentlich von Zelten aus geführt) der französischen Flughafenkommandantur fliegen. Die Folgen waren desaströs. Demütigungen unter Bündnispartnern zeugen nicht von guter Politik.
| Balkan (-kriege) |
Oliver Meier
Die Krise der nuklearen Rüstungskontrolle
Als Ende der Achtzigerjahre die politische Auseinandersetzung zwischen Ost und West abflaute, schien es zunächst so, als ob auch die nukleare Konkurrenz zwischen den Blöcken beendet werden könnte. Der Abschluss des Intermediate Nuclear Forces-Abkommens (INF) 1987 über die Vernichtung aller nuklearen Mittelstreckenwaffen in Europa markierte den Beginn einer Periode wichtiger rüstungskontrollpolitischer Erfolge. Die USA und die Sowjetunion vereinbarten in der Folge eine Reduzierung ihrer strategischen Waffen auf ein Drittel und zogen einige Tausend taktische Atomwaffen aus Europa ab. Nicht nur zwischen den beiden nuklearen Großmächten, auch im multilateralen Rahmen kam die atomare Rüstungskontrolle entscheidend voran. 1995 wurde der nukleare Nichtverbreitungsvertrag (Nuclear Nonproliferation Treaty, NPT) unbegrenzt verlängert und ein Jahr später der Vertrag über ein Umfassendes Verbot von Nukleartests (Comprehensive Nuclear Test Ban Treaty, CTBT) zur Unterschrift ausgelegt.
| Abrüstung/Konversion |
Joseph Rotblat
Das Gewissender WissenschaftlerInnen
Für ein Jahrhundert ohne Atomwaffen
Unsere Arbeit als WissenschaftlerInnen sollte darauf gerichtet sein, das Los der Menschheit zu verbessern. Ein Großteil von uns wird sagen, dass die Arbeit für militärische Einrichtungen daher auszuschließen sei, vielleicht sogar die Arbeit an Universitäten, die Verträge über die Entwicklung militärischen Geräts annehmen. Viele würden weiter gehen und WissenschaftlerInnen eine definitive Zusage abverlangen, sich nicht in dieser Form zu betätigen; sie fordern eine Art von Hippokratischem Eid.
| A-waffen | Verantw. der Wiss. |
Dieter Deiseroth
Internationale Gerichtsbarkeit und friedliche Streitbeilegung
Das sog. »klassische« (europäische) Völkerrecht gewährleistete und legitimierte seit dem Aufkommen souveräner Nationalstaaten im 17. und 18. Jahrhundert bis ins zwanzigste Jahrhundert hinein den Trägern staatlicher Souveränität im Grundsatz das »Recht zum Krieg« (ius ad bellum). Die (einzelstaatliche) Gewaltanwendung diente im Wesentlichen zwei Zwecken: einerseits kam sie zur Rechtsdurchsetzung gegenüber dem Rechtsverletzer in Betracht, der sich weigerte, den vom Völkerrecht geforderten Zustand herzustellen; zweitens griffen die Völkerrechtssubjekte aber auch zur Gewalt, um eine formell rechtmäßige, von ihnen aber als unbefriedigend oder ungerecht empfundene Situation zu ändern.Spätestens seit dem im Jahre 1945 erfolgten Inkrafttreten der Charta der Vereinten Nationen, die von der gegen die Achsenmächte (Deutschland, Japan und Verbündete) gerichteten großen »Weltbürger-Koalition« erarbeitet und beschlossen wurde, ist das strikte Verbot der Androhung und Anwendung zwischenstaatlicher Gewalt (Art. 2 Nr. 4 UN-Charta) völkerrechtlich verbindlich normiert und im Grundsatz als zwingendes Völkerrecht (ius cogens) allgemein anerkannt. Außer zur grundsätzlichen Nichtanwendung von Gewalt verpflichtet die UN-Charta alle Mitgliedstaaten, „ihre internationalen Streitigkeiten durch friedliche Mittel so bei(zulegen),″ dass der „Weltfriede″, die „internationale Sicherheit″ und die „Gerechtigkeit″ nicht gefährdet werden (Art. 2 Nr. 3 i.V.m. Kap. VI UN-Charta). Die friedliche Streitbeilegung ist damit die völkerrechtlich zwingend vorgegebene Alternative zur gewaltförmigen Konfliktaustragung.
| Rechtsfragen | Konfliktbearb./-prävention |
Klaus Grehn
Der innere Frieden und die soziale Gerechtigkeit
Frieden hat auch eine ökonomische Dimension. Andere Verteilungsverhältnisse sind nicht nur mit dem Blick über die Landesgrenzen hinaus – z.B. im Nord-Süd-Verhältnis – Voraussetzung für eine zukunftsfähige Entwicklung, sondern auch im Inneren. Klaus Grehn, Präsident des Arbeitslosenverbandes, fordert ein Ende der Umverteilung von unten nach oben. So uralt die Frage nach der sozialen Gerechtigkeit ist, so hochaktuell sind sie und ihr Zusammenhang mit der An- oder Abwesenheit des inneren Friedens. Abgeschwächt könnte in diesem Wechselverhältnis der innere Frieden auch als Grad des sozialen Zusammenhalts der Gesellschaft bezeichnet werden.
| Kriegs-/Rüstungsfolgen |
Johannes M. Becker & Michael Aroff
Arbeitslos: Mut finden sich zu wehren
Johannes M. Becker im Gespräch mit Michael Aroff
Ich treffe Michael Aroff in einem Internet-Café in Marburg. Wir kommen ins Gespräch.
| Ziviler Widerstand |
Inge Jens
„Ich möchte zu meinem Leben stehen können″
Tausende blockierten in den Achtzigerjahren in Mutlangen, im Hunsrück und anderswo US-Atomraketenbasen. Gezielt wurden staatliche Vorschriften und Gesetze verletzt um Wichtigeres einzufordern: Die Sicherung des Friedens durch Abrüstung. Zivilcourage: Die »Blockierer« nahmen für ihre politischen Ziele Verurteilungen in Kauf, Geldstrafen und manchmal auch Haft. Inge Jens, seit Jahrzehnten aktiv in der westdeutschen Friedensbewegung, blieb auch während des Golfkrieges ihrer pazifistischen Position treu und gewährte US-Deserteuren Obdach. Wir dokumentieren ihre »Verteidigungsrede« vor Gericht.
| Friedensbewegung |
Hans-Jürgen Fischbeck
Herrschaft und Tabu – ein Systemvergleich
Tausende bei den Montagsdemos in Leipzig ein paar Jahre später. Menschen thematisierten öffentlich ihre Unzufriedenheit mit dem System. Zivilcourage: Zumindest am Beginn der Bewegung war nicht erkennbar wie der Staatsapparat reagieren würde, welche Folgen das politische Engagement für die Einzelnen haben würde.Hans-Jürgen Fischbeck, einst aktiv in der ostdeutschen Bürgerrechtsbewegung, befasst sich mit den unterschiedlichen Anforderungen an Zivilcourage gestern und heute unter den unterschiedlichen gesellschaftlichen Bedingungen.
| Ziviler Widerstand |
Dieter Lünse
Sich nicht vereinnahmen lassen
Im Zuge der vielen innergesellschaftlichen Gewaltvorfälle in den letzten 10 Jahren ist selten versäumt worden Zivilcourage einzufordern. Die öffentlichen Aufrufe für mehr Mut im zivilen Umgang miteinander kommen meist spät und als Appelle von Gewalt abzulassen und Toleranz zu üben – sie betonen nur die moralische Seite. Zur Zivilcourage gehört aber auch, dass Werte die der Zivilcourage entgegen stehen in Frage gestellt werden, kurz: den Widerspruch zur Konformität zu pflegen.
| Ziviler Widerstand |
Johan Galtung
Gewaltlosigkeit im Kontext der Globalisierung
Frieden und Gewaltlosigkeit unterliegen als gesellschaftliche Prozesse einem ständigen Wandel. Damit diese Entwicklung nach vorne geht, zu mehr Frieden, bedarf es täglicher Arbeit. In seinem Artikel – der auf einer Rede vom 14. September 1999 in Byblos/Libanon während einer Tagung zu »Jugend und interkultureller Dialog« basiert – untersucht Johan Galtung die Schlüsselwerte für eine solche »Kultur des Friedens«.
| Pazifismus | Friedenswiss./-forschung |
Hans Holzinger
Utopie im ausgehenden 20. Jahrhundert
Die Gesellschaften – beziehungs-weise politische Systeme – sind am friedensstabilsten, in denen die Grundbedürfnisse wie Nahrung, Wohnung, Kleidung (Umwelt- und Sozialraum) befriedigt werden, in denen zumindest ansatzweise Verteilungsgerechtigkeit herrscht und in denen die individuellen und politischen Grundrechte gewährleistet sind. Die Knappheit an Nahrung, Wasser und Raum (Afrika, teilweise Südasien), die Nicht-Einlösung von Wohlstandserwartungen und daraus resultierende politische Krisen (etwa Russland) sowie der Zugang zu den knapper werdenden Industrie-Ressourcen wie Erdöl (etwa USA) können zu Kriegsgründen im 21. Jahrhundert werden, wenn es nicht gelingt, das Leitbild einer ökologisch und sozial nachhaltigen Entwicklung umzusetzen.
| Konflikt-/Gewaltursachen | Konfliktbearb./-prävention |