Editorial:
Am 25. November jedes Jahres organisieren Menschenrechtsorganisationen Veranstaltungen zum "Internationalen Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen". Dieser Tag erinnert regelmäßig an spezifische Formen der Unterdrückung, Entrechtung und Ausgrenzung von Frauen und unterstützt die rechtliche und gesellschaftliche Gleichstellung von Frauen.
Dieser Tag greift eine Thematik auf, die lange Zeit völlig tabuisiert war (und in Teilen immer noch ist…). Initiativen der "neuen Frauenbewegung" begannen in den 70er Jahren damit, das Thema "Gewalt gegen Frauen" öffentlich zu thematisieren. Gleichzeitig entstanden die ersten Frauenhäuser als Schutzräume für von Gewalt betroffene Frauen und ihre Kinder.
1981 riefen lateinamerikanische und karibische Feministinnen den 25. November zum Gedenktag der Opfer von Gewalt an Frauen aus, den die Vereinten Nationen ab 1999 als offiziellen Gedenktag aufgriffen.
Trotz dieser Fortschritte in der öffentlichen Wahrnehmung ist die Problematik längst nicht verschwunden. Eine Studie des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zum Thema Gewalt gegen Frauen ergab 2004 beispielsweise, dass 40% der Frauen in Deutschland seit ihrem 16. Lebensjahr körperliche und/oder sexuelle Gewalt erlebt haben. Ein Großteil dieser Gewalt wird dabei durch Partner oder Expartner und im häuslichen Bereich verübt. Die strafrechtlich erfassten Zahlen liegen weit darunter. Zwar sind in den letzten Jahrzehnten einige entsprechende Tatbestände im deutschen Strafrecht normiert worden, aber längst nicht alle Gewalttaten gelangen zur Anzeige. Hinzu kommt die Schwierigkeit bei der Beweisführung und die Tatsache, dass den Schilderungen der betroffenen Frauen häufig weniger geglaubt wird als denen der Täter.
Gewalt gegen Frauen ist ein weltweites Phänomen und wird keineswegs überall als gesellschaftliches Problem empfunden. So wurde in Russland vor kurzem die strafrechtliche Verfolgung häuslicher Gewalt erheblich gelockert.
Im Themenschwerpunkt dieses Heftes gehen wir auch beispielhaft auf die Situation in Mexiko ein, darüberhinaus richten wir den Fokus auf Fragen geschlechterspezifischer Gewalt mit einem Rückblick auf die "Gewaltdebatte" und die Frauenhausbewegung in den 70er Jahren und auf den Zusammenhang von Gewalt gegen Frauen und Krieg.