Paul Schäfer
Editorial
„Zeit des Übergangs″ ist der Beitrag des US-Politikers Paul Walker in diesem Heft überschrieben.
| Ost-West-Konflikt |
Uwe Reichert
Wege aus dem Wettrüsten
Internationales Naturwissenschaftler-Forum ruft zum Stop aller Atomwaffen auf
Knapp 200 Wissenschaftler aus 32 Nationen trafen sich Mitte Juli auf Einladung der Sowjetischen Akademie der Wissenschaften in Moskau, um über ein dreißig Jahre altes, aber immer noch aktuelles Thema zu diskutieren: die vollständige Einstellung aller Kernwaffenversuche.
| Friedensbewegung |
Jürgen Scheffran
Von den Füßen auf den Kopf gestellt.
Der Versuch der Reagan-Administration, den ABM-Vertrag neu zu interpretieren
Die Sowjetunion hat im Juni 1986 vorgeschlagen, den ABM-Vertrag auf weitere 15 Jahre zu bekräftigen und SDI auf reine Grundlagenforschung zu beschränken, um so den Weg für nukleare Abrüstung freizumachen. Reagan antwortete darauf mit dem Vorschlag, den ABM-Vertrag bis zur Stationierung von SDI im Jahre 1994 einhalten zu wollen (was Entwicklung und Tests nicht ausschließen solle), um ihn danach aufkündigen zu dürfen. Dies ist nur das letzte Glied in einer Kette von Versuchen, durch eine Neuinterpretation den ABM-Vertrag auf den Kopf zu stellen und damit zu einem „wertlosen Fetzen Papier″ zu machen.
| Raketen /-abwehr | Rüstungskontrolle |
Jürgen Altmann
Erwartungen. Was eine neue Bundesregierung tun könnte
In den letzten Jahren beobachten wir eine gefährliche Aufrüstungswelle. Seit Amtsantritt Präsident Reagans haben die USA ihre Militärausgaben verdoppelt: ein völliger Zusammenbruch der Rüstungskontrollverträge droht. Die Bundesregierung hat sich zwar in Worten zur Rüstungsbegrenzung bekannt, tatsächlich aber hat sie die USA-Politik unterstützt. Mehr noch, sie ist ein eigenständiger Motor der Aufrüstung gewesen. Die sichtbarsten Zeichen davon sind die Stationierung von Pershing II und Marschflugkörpern sowie der SDI-Kooperationsvertrag, aber in vielen anderen Bereichen gilt dasselbe. Die nächsten Aufrüstungsschübe wie Air-Land-Battle/Follow-on-Forces-Attack oder eine westeuropäische Raketenabwehrinitiative sind im Gang bzw. werden vorbereitet. Kleine Lichtblicke wie der erfolgreiche Abschluß der Konferenz für vertrauens- und sicherheitsbildende Maßnahmen und Abrüstung in Europa oder das Zustandekommen eines (Vor-)Gipfels ändern noch nichts an der grundsätzlichen Richtung der internationalen Politik.
| Abrüstung/Konversion |
Herbert Wulf
Rüstungswirtschaft – Konversion statt weitere Aufrüstung
Die rüstungswirtschaftliche Situation in der Bundesrepublik Mitte der achtziger Jahre ist geprägt durch das Auslaufen einiger großer Rüstungsprogramme (Fregatten, Leopard-Kampfpanzer, Alpha Jet, MRCA Tornado) mit entsprechendem Auftragsrückgang bei den großen Rüstungsbetrieben. Gleichzeitig aber wird die nächste Rüstungsrunde, die Waffengeneration der neunziger Jahre geplant und entwickelt. Hoher Finanzbedarf ist seitens des Verteidigungsministeriums angemeldet worden. Die langfristigen Bundeswehrpläne und das NATO-FOFA (Follow-on-forces-attack)-Konzept mit kräftigen Aufrüstungsschüben konventioneller Waffen verheißen den Rüstungsfirmen blühende Geschäfte ab Anfang/Mitte der neunziger Jahre.
| Abrüstung/Konversion |
Paul F. Walker
Zeit des Übergangs. Zum Stand der amerikanischen Friedensbewegung
Die späten 80er markieren einen bedeutenden Wendepunkt für die amerikanische Friedensbewegung: sie war von einer aktiven, sichtbar wirksamen zu einer relativ passiven politischen Kraft geworden. Ihr Einfluß schwand. Ob sie wieder eine machtvolle Kraft in der amerikanischen Politik werden wird, wie sie es vor noch nicht allzulanger Zeit war, ist heute eine offene Frage.
| Friedensbewegung |
AG altern. Wirtschaftspolitik
Weiterhin Vorrang für die militärische Aufrüstung.
Zum Bundeshaushalt 1987 und der Entwicklung der Militärausgaben im Zeitraum 1982 – 1987
Am 1. Juli dieses Jahres hat die Bundesregierung den Haushaltsentwurf 1987 und den Finanzplan von 1986 bis 1990 beschlossen. Wie angesichts der bevorstehenden Wahlen aber auch aufgrund der erheblichen „Vorarbeiten″ in den vergangenen Jahren zu erwarten war, ist der Entwurf diesmal weder durch gravierende neue Einschnitte in das soziale Netz noch durch eine auf den ersten Blick offensichtliche Bevorzugung der Militär- und Rüstungsausgaben gekennzeichnet. Mit einem Volumen von 51,3 Mrd. DM weisen der Etat des Verteidigungsministers (Einzelplan 14) ebenso wie die auf 62,1 Mrd. ausgeweiteten „Verteidigungsausgaben nach NATO-Kriterien″ eine Steigerungsrate auf, die mit +2,8 % sogar leicht unter der Zuwachsrate der Gesamtausgaben des Bundes liegt, die um +2,9 % auf 271 Mrd. DM anwachsen werden.
| Rüstung/R.-industrie |
FIfF
Informationstechnik und Rüstungshaushalt
Die bundesdeutsche Rüstungsentwicklung ins besondere im Informationstechnikbereich wird von drei Faktoren wesentlich bestimmt: Langfristige Konzepte der NATO, vor allem FOFA setzen auf offensive Kriegsführung im Hinterland des Feindes. Gleichrangig neben der atomaren und chemischen Rüstung steht dabei der Ausbau der „konventionellen Option″ mit den Mitteln der Hochtechnologie. Die Beschaffung der 2. Waffengeneration der Bundeswehr ist weitgehend abgeschlossen, so daß Mittel frei werden für eine Reduzierung des Rüstungshaushalts oder für die technologische Vorbereitung der 3. Beschaffungswelle.Durch Aufkäufe und Fusionen hat sich ein militärisch - industrieller Komplex mit den drei Rüstungsgiganten MBB, Daimler und Siemens formiert, dessen Einfluß auf die zukünftige Rüstungsplanung größer denn je ist.
| Rüstung/R.-industrie |
MÖP
Infrastruktur und Rüstungshaushalt
I. Vorbemerkung Die Bundesrepublik ist „Hauptoperationsgebiet (Weißbuch 1985, S. 112) sowie „Kampfzone″ der NATO. Es ist verständlich, daß die Kampfzone infrastrukturell präpariert wird. Wir haben in unseren letzten beiden Analysen (BdWi, Stellungnahme zum Rüstungshaushalt 1985 und 1986) die wichtige Rolle der Infrastruktur herausgearbeitet. Der EP 14 1986 hatte die Schwerpunkte Infrastruktur und Umweltschutz. Der Haushalt 1987 führt diese Schwerpunkte fort.
| Rüstung/R.-industrie |
Rainer Rilling
Rüstungsforschung im Etat 1987
Der Haushaltsentwurf 1987 setzt die bisherige Benachteiligung des Bildungs- und (zivilen) Wissenschaftsbereichs fort.
| Rüstungsforsch./-technik |
Otfried Nassauer
„Ich sähe es nicht gern, wenn die Leute das wüßten.″
Atomwaffen unterwegs
Nuklearwaffen sind in der Bundesrepublik und im Hunsrück bekanntlich keine Rarität. Ob auf der Air Base Hahn, wo Experten 150 Atomwaffen vermuten, ob in Hasselbach, wo zumindest 96 Sprengköpfe eingelagert werden sollen, ob zwischen Kriegsfeld und Guterbacherhof (südwestlich von Bad Kreuznach) versteckt im Wald auf dem Höhenrücken, wo die US-Army ein Nuklearwaffendepot, das zu den größeren in der Bundesrepublik gehört, unterhält, oder ob an verschiedenen Flugplätzen in der Eifel – Atomwaffen gehören im Hunsrück wie in anderen Teilen der Bundesrepublik zum militärischen Alltag.1
| A-waffen |
Jürgen Schneider
Rüstung oder Überleben. Frieden mit der Natur als Voraussetzung für die Existenz von Zukunft
Täglich müßte eigentlich die folgende Meldung auf den Titelseiten der Tageszeitungen stehen: „Heute wieder 300 vollbesetzte Jumbo Jets abgestürzt! Niemand hat überlebt. 30 % der Insassen waren Kinder.″ In jedem Jahr sterben über 40 Millionen Menschen an Hunger. Das sind täglich 40.000 Kinder und 80.000 Erwachsene, die jämmerlich krepieren während wir unser durchaus problematisches prosperierendes Wirtschaftswachstum bejubeln. Jede Minute stirbt auf der Welt 1 Kind an Hunger, während jede Minute 5,3 Millionen DM für die Rüstung ausgegeben werden. 1979, im UNICEF-Jahr des Kindes, hatte das Weltkinderhilfswerk für Hilfmaßnahmen soviel zur Verfügung, wie die Welt in 2 Stunden für die Rüstung ausgibt. Weltweit werden 50 mal mehr Mittel für die Ausbildung und Ausrüstung eines Soldaten aufgewendet als für die Ausbildung schulpflichtiger Kinder (SIVARD 1983). Es muß allerdings erklärt werden, ob der Hungertod von Menschen auf der Welt unausweichliches Schicksal ist oder ob dafür bestimmte Strukturen verantwortlich sind, an denen wir aktiv beteiligt sind und daher mitverantwortlich.
| Ökologie |
Edith Schieferstein
Denkschrift Katastrophenmedizin
Publikationen können schillernd oder nichtssagend sein wie Menschen, deren Vorgeschichte und Charakter man nicht kennt. Man liest sie durch (sieht sie an) und legt sie beiseite (geht an ihnen vorüber). Mit Kenntnis von Vorgeschichte und Charakter dagegen können sie zuweilen fesseln. Die „Denkschrift über die Rechte und Pflichten des Arztes in der Bundesrepublik Deutschland im Rahmen der medizinischen Versorgung bei Katastrophen im Frieden und ihre Berücksichtigung in den Katastrophenschutzgesetzen″1 ist ein gutes Beispiel dafür.
| Zivile Verwundbarkeit |
Rüdiger Ullrich
Friedensarbeit in Betrieben und Großforschungseinrichtungen
Friedensarbeit in Betrieben und Forschungsbetrieben ist immer konkret. Das Bild der jeweiligen Friedensaktivitäten ist deshalb durch die unterschiedlichen Rahmenbedingungen geprägt und dementsprechend vielfältig. Aber es gibt auch Gemeinsamkeiten und Verallgemeinerbares. Wenn wir dies herausarbeiten, können positive Erfahrungen eine wichtige Hilfe und Motivation für das eigene Handeln sein.
| Friedensbewegung |
Johannes M. Becker
Eureka réanimé?
Es ist Bewegung gekommen in die European Research Coordination Agency. Was von vielen Politik-Beobachtern und Betreibern vornehmlich aus der Reagans SDI favorisierenden Szene im vergangenen Jahr noch als ein Sturm im Wasserglas notorischer „Europäer″ abgetan worden war, nahm im Verlaufe von 1986 mehr und mehr Kontur an.
| Weltraumforsch./-militaris. |
Redaktion
Neue Politische Studie: Wie das Big Business das Freeze unterstützte
Rhetoriken voller Moral, Ethik und Humanität blühen, wenn es um Abrüstung oder Rüstungskontrolle geht. Hier sind überall gute Menschen am Werk, die sich freilich unglücklicherweise hartnäckig mißverstehen. Von Interessen oder politischen Kalküls ist wenig die Rede – doch sie sind handfest. Wenig bekannt ist etwa, daß 1981/82 wachsende Teile der amerikanischen Industrie bis hin zu großen Rüstungskonzernen auf dem Feld der Rüstungskontrolle aktiv wurden und das Freeze-Projekt unterstützten. Diese Entwicklung ist natürlich auch ein Reflex der verstärkten Friedensaktivitäten an der „Basis″. Die Unterstützung der Friedensbewegung durch Teile der Industrie und durch Großunternehmer mag auch von großem Nutzen sein. Für eine unabhängige Bewegung ist es aber immer wichtig, sich über die Motive und Interessen der Parteilungen, die zu ihr stoßen, Klarheit zu verschaffen. Im folgenden veröffentlichen wir einen Auszug aus einer Untersuchung der amerikanischen Politikwissenschaftler Thomas Ferguson und Joel Rogers („Right Turn: The Decline of the Democrats and the Future of American Politics″, 1986), übersetzt nach einem Vorabdruck in „The Nation″ v. 19.-26.7.1986.
| Rüstung/R.-industrie |