Nach einer kurzen Blüte der Konsumsoziologie Anfang der 1970er Jahre ist es in Deutschland um die sozialwissenschaftliche Konsumforschung still geworden. Die Vermutung liegt nahe, daß dieses Forschungsfeld hierzulande deshalb wenig Früchte trägt, weil es immer noch im Schatten kulturkritischer Denktraditionen liegt. Ein gleichartiges Defizit an konsumkritischen Texten gibt es jedenfalls nicht zu beklagen. Erst in den letzten Jahren sind unter anderem im Zuge der Lebensstildebatte wieder vermehrt gewichtige Publikationen zum Thema Konsumgesellschaft erschienen. Von einer blühenden Konsumforschung kann allerdings in Deutschland – im Unterschied zum englischsprachigen Raum – immer noch keine Rede sein. Insofern ist es ein lohnendes und verdienstvolles Unterfangen, die klassischen und aktuellen Beiträge zur Erforschung der Geschichte und der Verfassung der modernen Konsumgesellschaft und des modernen Konsums zu sichten, um den Anschluß an die internationale Diskussion wiederherzustellen. Genau dieses Ziel verfolgt Ariane Stihler mit ihrem Buch "Die Entstehung des modernen Konsums". Wie andere Autoren vor ihr geht die Verfasserin von der Überzeugung aus, daß in den westlichen Ländern zeitgleich zur industriellen Revolution eine Konsumrevolution stattgefunden hat und erst das Zusammenspiel dieser beiden großen Transformationen den wirtschaftlichen Aufschwung dieser Länder erklären kann. Im Mittelpunkt des ersten Abschnittes steht die Entstehung des modernen Konsumverhaltens im 18. und 19. Jh. In diesem Zeitraum vollzog sich die eigentliche Konsumrevolution. Schwerpunkt der Argumentation bildet England, das sich im 18. Jh. zur ersten Konsumgesellschaft der Welt entwickelt hat. Daran schließt sich die Darstellung der Metamorphosen des Konsums im 20. Jh. an, die die Verfasserin als Fortsetzung und Erweiterung der im 18. Jh. angestoßenen Prozesse begreift. Dabei geht sie jeweils sowohl den nachfrageseitigen als auch den angebotsseitigen Veränderungen und ihren Wechselwirkungen nach.