Kurzinfo:
|
Die Entwicklung des biologischen Landbaus und die Distribution seiner Produkte ist eng verknüpft mit dem Bio-Fachhandel als Pionier der Biovermarktung (Spahn 2002, S . 8). Die ersten Bio-Landwirte verkauften ihre Erzeugnisse seit Mitte der 1920er Jahre ab Hof oder über Reformhäuser. Da die Verbraucher meist lange Anfahrtswege zu den wenigen Bio- Betrieben in Kauf nehmen mussten, gründeten sich in den 70er Jahren verstärkt Bio-Läden. Diese waren z. T. als Einkaufsgemeinschaften von konsum- und kapitalismus kritischen Kunden organisiert. Verbraucher nutzten die Bio-Läden nicht nur zum Bezug ökologisch erzeugter Lebensmittel, sondern auch als Treffpunkte der alternativen Szene, zur politischen Diskussion und Information. Kunden, die dieser Szene nicht angehörten, fanden den Weg in den Bio-Laden nur selten, da der Kauf von Bio-Produkten neben dem Gesundheitsaspekt vorallem Ausdruck einer politischen Grundhaltung war. Zudem waren die Bio-L äden der ersten Stunde häufig in ungünstigen Lagen, z. T. sogar in Kellerräumen, untergebracht, so dass entsprechende Einschränkungen in der Verfügbarkeit nur von engagierten Konsumenten in Kauf genommen wurden (Spahn 2002, S. 27). Im Zuge der Umweltbewegung der 1980er Jahre und nach der Reaktorkatastrophe in Tschernobyl wurde die Biobranche von einer breiteren Kundenschicht wahrgenommen und erlebte einen starken Wachstumsschub. Kundenstudien aus dieser Zeit demonstrieren allerdings, dass immer noch im Kern die Gruppe der politisch interessierten Konsumenten mit links-alternativem Bewusstsein angesprochen wurde, auch wenn sich erste Ausweitungen in gesundheitsbewusst-hedonistische und konservativ-etablierte Milieus zeigten (SinusSociovision 2002). Fördernd auf den Absatz wirkten sich in dieser Phase die Festlegung von Basisrichtlinien durch die Anbauverbände und die zunehmende Verbreitung der entsprechenden Label aus, die für den Verbraucher größere Klarheit und Qualitätssicherheit schafften. Hinzu kam in dieser Phase allerdings auch zum ersten Mal Konkurrenz durch den konventionellen Lebensmitteleinzelhandel (LEH). Der Markteinstieg der Tengelmann-Gruppe und die Verbreiterung der Käuferschicht hatten eine Professionalisierung der Bio-Läden zur Folge, was sich zum einen in einer stärkeren betriebswirtschaftlichen Orientierung, aber auch in einem moderneren Ladenbau zeigte (Kreuzer 1996, S. 114). Mit der Etablierung neuer Vertriebstypen – in den 90er Jahren entstanden die ersten Bio-Supermärkte – hält der Professionalisierungstrend weiterhin an. Heute zählen die Bio-Supermärkte zu den am schnellsten wachsenden Absatzkanälen für Bio-Ware und erwirtschafteten im Jahr 2002 bereits ein Fünftel des Gesamtumsatzes im Naturkosthandel (Bahrdt et al. 2003). Der zunehmende Erfolg von Bio-Supermärkten, aber auch die Ausweitung des Bio -Sortiments im konventionellen LEH bis in den Discountbereich charakteris iert das Marktwachstum des Bio-Segments und die Erschließung neuer Käuferschichten. Vor diesem Hintergrund wird im folgenden Beitrag die Frage aufgeworfen, welche Perspektiven der Bio-Fachhandel heute hat. Wird sich der traditionelle Bio-Fachhandel in Zeiten von Discountboom und Zeitknappheit gegen den konventionellen LEH und neue Fachhandelskonzepte behaupten können? Zur Beantwortung dieser Fragen werden im Rahmen der vorliegenden Studie zunächst die unterschiedlichen Distributionswege von Bio- Lebensmitteln skizziert und die Zielgruppe der Biokonsumenten charakterisiert. Kern der Untersuchung ist eine Befragung von Bio-Intensivkäufern zu ihren Einkaufsstättenpräferenzen und ihrer Wechselbereitschaft. In der Nachfolge der BSE-Krise und der Agrarwende tragen eine Reihe von Faktoren (z. B. das Bio-Siegel) da zu bei, dass die Wettbewerbsposition des Bio-Fachhandels fragil werden könnte.
|