Kurzinfo:
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EDITORIALL 4 kursiv JOURNAL FÜR POLITISCHE BILDUNG 2/10 Für die politische Bildung stellen Prozesse der Globalisierung bzw. der Entwicklung zur Weltgesellschaft eine Herausforderung nicht nur für die Konstruktion der Lerngegenstände des Fachgebiets, sondern auch für die Ziele und Aufgaben und somit für die fachliche Identität dar. Gewiss hat sich das Fach von einem seiner zentralen Gründungsmotive im 19. und frühen 20. Jahrhundert, den (National-)Staatsbürger zu bilden, längst entfernt. Aber eine faktische Dominanz des nationalen Referenzrahmens bei Zielen und Inhalten ist doch geblieben. Dagegen stellt sich heute die Frage, wie Theorie und Praxis politischer Bildung Globalisierung und Weltgesellschaft konzeptionell angemessen verarbeitet können: Sind neue Bürgerleitbilder erforderlich, etwa das des „Weltbürgers″? Wie ist mit kultureller Differenz in Migrationsgesellschaften in der politischen Bildung umzugehen? Wie lassen sich Globalisierungsprozesse in sozialen und politischen Alltagserfahrungen durch politische Bildung rekonstruieren? Mit diesen und anderen mit Globalisierung verbundenen Herausforderungen befassen sich die Beiträge im Schwerpunkt dieses Heftes. Ergänzend bringen wir im Forum einen Bericht zu einem Planspiel zur Demokratie in der Schule. Wolfgang Sander Dange wurde „Globalisierung″ in erster Linie als eine rein ökonomische Entwicklung betrachtet; erst nach und nach hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass nicht nur wirtschaftliche Beziehungen mehr und mehr in globalen Netz werken stattfinden, sondern Globalisierung vielfältige soziale und kulturelle Aspekte hat: von Kino und Popkultur bis Tourismus und Migration, um nur wenige Stichworte zu nennen. In der Soziologie wird daher in jüngster Zeit wieder intensiver darüber diskutiert, ob nicht „Gesellschaft″ heute nur noch als „Weltgesellschaft″ verstanden werden kann, wie Niklas Luhmann schon von 30 Jahren postulierte. Langsam wächst auch das Bewusstsein dafür, dass die nationalen Bildungssysteme von globalen Entwicklungen nicht allein über deren Folgen wie Migration oder in Form neuer Lerngegenstände betroffen sind. Spätestens seit den Wirkungen der PISA-Studien der OECD ist offenkundig geworden, dass internationale Akteure erheblichen Einfluss auf die Entwicklung nationaler Bildungssysteme gewinnen können. Prägte, etwas salopp gesagt, vor einigen Jahrzehnten z.B. der Streit, ob die hessischen oder die bayerischen Schulen „besser″ seien und woran sich dies bemessen lassen, die bildungspolitische Debatte in Deutschland, so liegen heute die Referenzmaßstäbe für beide Schulsysteme eher in Skandinavien, Kanada oder Südostasien. Noch wenig in der Diskussion ist auch, dass es in der politischen Bildung inzwischen einflussreiche international agierende Akteure gibt wie das amerikanische Center for Civic Education (das u.a. den Neuaufbau der politischen Bildung in Osteuropa nach 1989 stark beeinflusst hat) oder den
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