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BNELIT - Datenbank zu Bildung für nachhaltige Entwicklung: wissenschaftliche Literatur und Materialien
Bildung für nachhaltige Entwicklung: wiss. Literatur und Materialien (BNELIT)
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Urheber:
zus. bet. Pers.:
 
Hauptsachtitel:
Kiezdetektive.
Untertitel/Zusätze:
Kinderbeteiligung für eine gesunde Stadt.
Erscheinungsort:
Berlin
Erscheinungsjahr:
ISBN:
-
Kurzinfo:
Quelle: www.berlin.de/ba-friedrichshain-kreuzberg/verwaltung/org/planleit/kiedetektive-projektbeschreibung.html

Kiezdetektive - Kinderbeteiligung für eine gesunde und zukunftsfähige Stadt

Friedrichshain-Kreuzberg als kleinster (20,2 km²) und am dichtesten besiedelter Bezirk Berlins mit knapp 245.000 Einwohnern, der geringsten Grünfläche je Einwohner von 7 m² (Treptow-Köpenick 388 m²) und den größten sozialen und gesundheitlichen Belastungen hat sich zum Ziel gesetzt, durch die Aktivitäten des Gesunde-Städte-Netzwerkes, der Lokalen Agenda 21 und der Sozialen Stadtentwicklung, die Lebensqualität im Bezirk zu verbessern.

Trotz niedrigstem Sozialindex Berlins, höchster Arbeitslosenrate, zweithöchstem An-teil an Sozialhilfeempfänger/-innen und Migrant(inn)en, Wohnungen mit hoher Belegungsdichte und den daraus resultierenden Problemen, verfügt der Bezirk über viele wertvolle Ressourcen. Hierzu zählen die reiche Projektelandschaft, die Vielfalt der Kulturen, das hohe Potenzial an Selbsthilfe, nachbarschaftliche Kiezstrukturen, gute Modelle von Stadtplanung und –entwicklung und eine lange Tradition der Bürgerbe-teiligung.

Hier setzt auch das Projekt zur Kinderbeteiligung Kiezdetektive an, eine Idee, die vom Kinder- und Jugendbüro Marzahn entwickelt wurde. In enger Kooperation zwischen Gesunde-Städte-Netzwerk und Lokaler Agenda 21 wurde 1999 begonnen, Kinder als Experten in eigener Sache in Planungs- und Entscheidungsprozesse zur nachhaltigen gesunden Stadtentwicklung und -gestaltung einzubinden. Kinder und Jugendliche erkunden als Kiezdetektive ihr Lebens- und Wohnumfeld, ermitteln Probleme, aber auch Schätze, dokumentieren diese in Form einer Ausstellung und präsentieren die Ergebnisse auf einer Kinderversammlung den verantwortlichen Politikern, die mit ihren Verwaltungen, freien Trägern und gemeinsam mit den Kindern aufgefordert sind, die Probleme zu bearbeiten. Nach ca. sechs Monaten werden auf einer Folgeversammlung die Umsetzungsergebnisse nachgefragt.

Die Kinderbeteiligung ist als langfristiges Projekt angelegt. Die Kiezerkundungen, die Kinderversammlung und die Ergebniskontrolle sollen als nachhaltige Planungs- und Kooperationsstruktur in bezirkliche Entscheidungsprozesse einbezogen werden.

Ziel des Projektes ist es, Kinder zu befähigen, ihre Lebensumwelt selbstständig zu erforschen, sie zu verstehen und zu hinterfragen. Sie sollen lernen, dass es auch auf sie ankommt, dass sie aktiv ihre Umwelt mit gestalten und verändern können (Empowerment, Ressourcenstärkung). Die Kinder werden an die Politik herangeführt und für gesundheits- und umweltbezogene Fragestellungen sensibilisiert. Sie erfahren dadurch, dass gesunde Wohnbedingungen und ein gesundes Wohnumfeld wichtige Voraussetzungen für das persönliche Wohlbefinden sind. Die Erkenntnis, selbst Einfluss zu nehmen und Veränderungen herbeiführen zu können, stärkt das Selbstbewusstsein der Kinder und ihre Fähigkeit, eigenverantwortlich zu handeln. Das Projekt Kiezdetektive, zielt somit auf das Erleben demokratischen Handelns ab und stellt demzufolge einen umfassenden Ansatz zur Gesundheitsförderung dar. Insbesondere in problembelasteten Stadtgebieten oft mit hohem Migrantenanteil können durch dieses Projekt Kinder erreicht sowie für gesundheitliche und soziale Belange aktiviert werden.

Die Zielgruppe des Projektes sind 6- bis 14-jährige Kinder, vor allem aus sozial benachteiligten Familien und Stadtteilen.

Neben den beteiligten Kindergruppen mit ihren jeweiligen Lehrer/-innen, Erzieher/-innen und Sozialpädagog(inn)en sind häufig auch Schulstationen aktiv in die Projektdurchführung eingebunden. Weitere Kooperationspartner sind Nachbarschaftseinrichtungen, Quartiersmanager im Rahmen des Programms Soziale Stadt, die Jugendförderung, Kinder- und Jugendprojekte freier Träger, Kirchengemeinde sowie ehrenamtliche Begleiter/-innen.

Bisher haben sich ca. 400 Kinder aus 7 Kindertagesstätten, 10 Schulen und 2 Freizeiteinrichtungen beteiligt.

Sie waren überwiegend in den Quartiersgebieten des Programms Soziale Stadt un-terwegs, weil dort der größte Entwicklungsbedarf gesehen wird und die Kinder zur Verbesserung der Lebensqualität beitragen können. Ca. 80 % der beteiligten Kinder haben einen Migrationshintergrund, bei der Stadtteilbegehung im Mai 2004 mit der Nürtingen-Grundschule lag der Anteil der beteiligten Schüler nicht deutscher Her-kunftssprache bei 100 %.

Um das Projekt Kiezdetektive erfolgreich durchzuführen müssen folgende Voraussetzungen gegeben sein:

* Die kontinuierliche Betreuung des Projekts durch eine verantwortliche Projektkoordination. Dazu gehört die Kontaktaufnahme mit den beteiligten Einrichtungen, die Durchführung eines Einführungsworkshops mit den Kindern und den Begleitpersonen, Begleitung der Kiezerkundungen, Vorbereitung der Ausstellung und Kinderversammlung sowie die Ergebniskontrolle, Dokumentation und Evaluation.
* Die Bereitschaft der Politik, Kinder als wichtige Partner in Partizipationsprozesse einzubinden.
* Eine personelle Kontinuität der Politiker, um Vertrauen bei den Kindern aufbauen zu können und Verantwortlichkeit zu zeigen.
* Der Wille und die Zuverlässigkeit von Politik und Verwaltung beim Umsetzen von Ergebnissen.
* Eine intensive Öffentlichkeitsarbeit, die die Einbeziehung weiterer Kinder und Bewohner sowie die Diskussion über mögliche Veränderungen befördert.

Bei den Kiezerkundungen erforschen die Kinder, ausgerüstet mit Fotoapparaten, Notizhefen, Kiezdetektiv-Stirnbändern und ausweisen ihr unmittelbares Wohnumfeld auf Probleme und Schattenseiten, Dingen, Menschen und Situation, durch die sie sich belästigt, gestört oder gefährdet fühlen, wie z. B. Müll in Form von gebrauch-ten Spritzen, Autobatterien, Hundehaufen, Zigarettenkippen, aber auch sexistische Anmache und rasende Autofahrer oder Spielplätze in schlechtem Zustand.
Die kritischen Beweisstücke werden fotografiert und in Form eines Denkzettels dokumentiert zur Übergabe an die verantwortlichen Politiker.
Aber auch Schätze werden aufgespürt und dokumentiert, wie z. B. eine Milchbar als Treffpunkt, der freundliche Gemüsehändler, gelungene Wandbilder oder die Apotheke als Informationsquelle.

Die Ergebnisse der Kiezbegehungen werden zeitnah im Unterricht, Projektkursen oder Gruppenarbeit ausgewertet und das Material wird zu einer Ausstellung aufbe-reitet, die der Öffentlichkeit präsentiert wird.

Die Kinderversammlung stellt als Instrument demokratischer, anwaltschaftlicher Praxis einen Kernpunkt des Projektes dar. Die Kinder haben die Möglichkeit, ihre Interessen und Probleme aktiv einzubringen, mit Politikern zu diskutieren sowie Ergebnisse und Veränderungen einzufordern. Dieser Prozess soll zur Stärkung der persönlichen Kompetenzen der Kinder, des Empowerments, der Übernahme von Verantwortung und demokratischem Handeln beitragen.
An der Kinderversammlung nehmen regelmäßig die Bügermeisterin, die Dezer-nent(inn)en für Gesundheit und Soziales, Jugend, Familie und Sport, Schule, Stadtentwicklung und Umwelt und der Bezirksverordneten-Vorsteher als oberster bezirklich politischer Repräsentant teil. Eine ressortübergreifende Kooperation ist somit gewährleistet.

Politik und Verwaltung sind aufgefordert, die dokumentierten Probleme, Vorschläge und Forderungen zu bearbeiten.
Nach 6 Monaten kontrollieren die Mädchen und Jungen im Rahmen einer Folgeversammlung, ob die zugesagten Umsetzungen auch tatsächlich realisiert wurden.
Umsetzungsmaßnahmen
Die Erfahrungen der ersten Projektdurchläufe und deren Auswertung machten deut-lich, dass eine stärkere Einbindung der Kinder in die Umsetzung von Ergebnissen sinnvoll ist, um die Projektziele,

* den Lebensraum näher kennenzulernen,
* die Lebenswelt aktiv mitzugestalten,
* Verantwortung übernehmen,
* demokratisches Handeln zu erleben und zu fördern,

noch nachhaltiger umzusetzen.

So wurden die Kiezdetektive des letzten Durchlaufs aus der Nürtingen-Grundschule in ein anschließendes Planning-for-Real-Verfahren im Rahmen des Programms Soziale Stadt einbezogen. Sie bauten ein Modell ihres Stadtteils, in das die Ergebnisse der Kiezbegehung integriert wurden. Das Modell wird öffentlich ausgestellt und diskutiert. Die Bewohner können weitere Vorschläge zu Veränderungen einbringen. Die Kinder sind an den weiteren Planungen beteiligt.

Die Kiezdetektive der Lemgo-Grundschule sind ebenfalls beteiligt an Planungs- und Umsetzungsmaßnahmen im Rahmen Soziale Stadt in der Düttmann-Siedlung, einem stark problembelasteten Wohngebiet.
Ergebnisse
Durch den aktiven Einsatz der Kiezdetektive konnten mittlerweile eine Reihe der identifizierten Probleme behoben werden:

* Im Durchlauf 1999/2000 wurden von den Kiezdetektiven der Kita Schlesische Straße (Hort) die Verwahrlosung der Grünfläche sowie die Zäune zwischen den Grundstücken Kita Schlesische Straße/Mädchenprojekt Rabia e.V. und der Seniorenfreizeitstätte Falckensteinstraße kritisiert. Die Kinder hatten die Vorstellung, dass man die Fläche zu gemeinsamen Aktivitäten nutzen könne. Darüber hinaus bemängelten sie die fehlende Kommunikation mit den Senioren. Es fanden mehrere Begehungen in der Kita und der Seniorenfreizeitstätte statt, bei denen die Älteren den Jüngeren aus ihrem Leben erzählten und gemeinsame Mahlzeiten einnahmen. Der Bürgermeister veranlasste, dass der bezirkliche Koordinator für das Programm „Soziale Stadt″ und das Quartiersmanagement in Zusammenarbeit mit den Jugendlichen vom Mädchenprojekt „Rabia e.V.″, den älteren Menschen der Seniorenfreizeitstätte und den Kindern des Hortes ein Konzept zur Gestaltung der Freifläche entwickelt. Die finanziellen Mittel stellte das Quartiersmanagement zur Verfügung.
* Eine Mädchengruppe der Lenau-Schule ist auf dem Schulweg von Jungen des Velo-Fit-Fahrradladen-Projektes immer wieder belästigt worden. Als Reaktion darauf wurden unter der Moderation einer Mitarbeiterin des Fachteams Kinderschutz des Bezirksamtes Friedrichshain-Kreuzberg Gespräche mit beiden Gruppen geführt. Thematisiert wurde nicht nur der aktuelle Konflikt, sondern auch Grundsätzliches zur Kommunikation und zum Verhältnis Mädchen/Jungen. Abschließend wurde die Mädchengruppe von der Fahrradgruppe zum Essen und zur Vorstellung ihrer Arbeit eingeladen.
* Die Kiezdetektive des Schülerladens Klein und stark bemängelten den Spielplatz der Kurt-Held-Schule. Die Abteilung Bildung, Verwaltung und Organisation reagierte, indem sie zunächst mitteilte, dass die Haushaltslage eine Erneuerung nicht zulässt, dafür aber innerhalb einer laufenden Baumaßnahme in der Umgebung der Schule neue Spielfreiflächen entstehen. Inzwischen wurde die Baumaßnahme realisiert.
* Ein Fußball-Verbot im Mendelsson-Batholdy-Park wurde aufgehoben, ein neuer Bolzplatz ist geplant.
* Eine islamische Grundschule, die seit langem auf zugesagte Spielgeräte wartete, bekam die Zusicherung, dass diese direkt nach Aufhebung der Haushaltssperre geliefert werden.
* Bei nahezu jeder Begehung wurden als Probleme Verschmutzung, Hundekot und die Drogenszene (Spritzen in Parks und auf Spielplätzen) identifiziert. Gerade für die vermeintlich geringfügigen Probleme (Graffitis und Hundekot) konnten bis-lang keine dauerhaften Lösungen gefunden werden. Am Kottbusser Tor, einem Brennpunkt der Berliner Drogenszene, ist inzwischen ein Druckraum für Abhängige eingerichtet worden.

Der Projektansatz zeigt Kindern in sozial schwierigen Lebensumständen, dass sie aktiv ihr Lebensumfeld mit gestalten und verändern können. Sie werden dabei sowohl an die Politik herangeführt, als auch für gesundheits- und umweltbezogene Fragestellungen sensibilisiert. Kinder entdecken ihren unmittelbaren Lebensraum und identifizieren Faktoren, die die Gesundheit fördern oder schädigen. So werden sie befähigt, durch Kommunikation mit der lokalen Politikebene Veränderung zu initiieren und ihr Umfeld aktiv zu gestalten. Sie haben offensichtlich Spaß daran, sich zu engagieren und sind stolz, ernst genommen zu werden.
Inhaltsverzeichnis :
1 Träger des Projektes

2 Projektbeschreibung
2.1 Ziele des Projektes
2.2 Zielgruppe
2.3 Projektablauf

3 Dokumentation des aktuellen Projektdurchlaufs
3.1 Beteiligte Schulen
3.2 Durchführungszeitraum
3.3 Begehungen
3.3.1 Otto-Wels Grundschule
3.3.2 Fichtelgebirge-Grundschule
3.3.3 Galilei-Grundschule
3.3.4 Adolf-Glaßbrenner-Grundschule
3.4 Ausstellung
3.5 Erste Kinderversammlung
3.6 Zweite Kinderversammlung

4 Ergebnisse – Probleme, Schätze, Maßnahmen
4.1 Otto-Wels-Grundschule
4.2 Fichtelgebirge-Grundschule
4.3 Galilei-Grundschule
4.4 Adolf-Glaßbrenner-Grundschule

5 Evaluation

6 Anhänge
6.1 Daten der beteiligten Schulen
6.1.1 Otto-Wels-Grundschule
6.1.2 Fichtelgebirge-Grundschule
6.1.3 Galilei Grundschule
6.1.4 Adolf-Glaßbrenner-Grundschule
6.2 „Denkzettel″ der Kinder
6.3 Presse (Galilei-Grundschule)
6.4 TanzZeit
6.5 Ein Platz für Helden
Original-Quelle (URL):
Datum des Zugriffs:
28.02.2011