Editorial:
Liebe Leserinnen und Leser,
der Erhalt der biologischen Vielfalt, in der Fachwelt Biodiversität genannt, ist ein völkerrechtlich vereinbartes Ziel und eines der Schlüsselthemen nachhaltiger Entwicklung. In Rio de Janeiro wurden 1992 neben der Agenda 21 auch die "Convention on Biological Diversity" (CBD) verabschiedet. Ganz im Geist der Agenda 21 finden sich darin die Perspektiven des Erhalts natürlicher Ressourcen sowie der sozial gerechten wirtschaftlichen Nutzung wieder.
Es geht demzufolge beim Erhalt biologischer Vielfalt von Arten, Kultursorten (genetischer Vielfalt) und Ökosystemen neben dem bewahrenden Naturschutz auch darum, nachhaltige Bewirtschaftungsformen zu entwickeln und die gerechte Verteilung des Vorteils, der sich aus der Nutzung von biologischen Organismen ergibt, zu ermöglichen.
Themen globaler Bedeutung, die durch die Medien gehen, sind der dramatische Einbruch der Vielfalt etwa durch Abholzung von Wäldern für Sojaanbau, der wiederum dem gestiegenen Fleischkonsum folgt, extreme Reduzierung der gehandelten Nahrungsmittelsorten durch Steuerung der Saatgutkonzerne und Biopiraterie, also die Patentierung von Arzneipflanzen, welche von globalen Konzernen aufgrund der Nutzung des Wissen indigener Bevölkerungsgruppen aus Entwicklungsländern "vergoldet" werden können. Dass Lösungen für diese Probleme nicht eindimensional sein können, liegt auf der Hand und zeigt sich aktuell auch in der Diskussion um nachwachsende Rohstoffe und die Konkurrenz etwa von Biokraftstoffen und Nahrungsmitteln.
Auch Bildung für nachhaltige Entwicklung erfordert Allianzen, um dieser Komplexität gerecht zu werden. Sie kann auf die Erfahrung der Umweltbildung zurückgreifen und daran ansetzen, für den Wert der Vielfalt in der Natur zu sensibilisieren, ein Bewusstsein zu schaffen, Verständnis für ökologischen Zusammenhänge zu fördern und konkreten Bezug zum lokalen Umfeld herzustellen, der auch Möglichkeiten zum direkten Handeln bietet.
Ein Ziel des Globalen Lernens ist es, Solidarität und das Verständnis für weltweite Verflechtungen zu fördern. Bildungsakteure der Weltläden und Entwicklungsorganisationen bringen die Perspektive der Menschenrechte, der grundlegenden Versorgung und der Entwicklungschancen der Menschen in Entwicklungs- und Schwellenländern ein. Sie bieten durch detailliert recherchierte Materialien und vielfältige Methoden zahlreiche Ansätze zur Auseinandersetzung mit tatsächlichen und scheinbaren Zielkonflikten zwischen sozialer Gerechtigkeit, Erhalt natürlicher Ressourcen und wirtschaftlicher Nutzung.
Beide Bildungsbereiche zusammen sind herausgefordert, die Menschen stark zu machen, Lösungen zu erkennen bzw. zu entwickeln. Zum einen, um Rahmensetzungen der Politik zu ermöglichen, die intelligente Lösungen, aber auch Akzeptanz in der Bevölkerung und bei der Wirtschaft benötigt. Lösungen liegen aber auch in individuellen Verhaltensänderungen etwa beim Konsum von Lebensmittel, Heilpflanzen, Papier oder Möbeln. Dabei sind auch Allianzen mit Kommunikationsexperten und Medien erforderlich, die zielgerichtete Kommunikationskonzepte entwickeln.
Zwar erfolgt eine Zusammenarbeit der Bildungsbereiche erst noch punktuell. Aber die Vielfalt der gemeinsamen Ideen und Projekte steigt. Wir möchten mit dieser Ausgabe des BNE-Journals auch dazu anregen, dass aus punktuellen Allianzen feste Netze werden, die von der lokalen bis zur internationalen Ebene reichen.
Wir freuen uns über Ihre Anregungen und Kommentare zu dieser Ausgabe.
Annette Dieckmann
Bundesvorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Natur- und Umweltbildung (ANU)