Die Konzentration des konstruktivistischen Diskurses auf kognitive Autonomie, Selbstorganisation und operationale Geschlossenheit des Gehirns hat eine angemessene Berücksichtigung der Rolle von Kommunikation, Kultur und Medien in kommunikativen Prozessen in den Hintergrund gerückt. Die Frage, wie sich kognitive Autonomie und erfolgreiches Sozialverhalten miteinander vereinbaren lassen, wurde mit dem Argument der strukturellen Kopplung von Kognition eher metaphorisch als argumentativ beantwortet.
Auf der Grundlage eines kulturwissenschaftlich erweiterten Konstruktivismus wird in diesem Buch der Versuch unternommen, neben den biologischen auch die psychologischen, sozialen und kulturellen Bedingungen kognitiver Operationen aufzuarbeiten. Damit soll nicht die Hypothese der kognitiven Autonomie in Frage gestellt, sondern vielmehr verdeutlicht werden, daß und vor allem wie Wahrnehmen, Denken, Fühlen, Handeln und Kommunizieren geprägt sind von den Mustern und Möglichkeiten, über die jeder Mensch als Gattungswesen, als Gesellschaftsmitglied, als Sprecher einer Muttersprache und als Angehöriger einer bestimmten Kultur verfügt. Diese Muster prägen in Form kollektiven kulturellen Wissens und sozialstruktureller Institutionen jede subjektbasierte gesellschaftliche Konstruktion von Erfahrungswirklichkeit. Dabei spielen in funktional differenzierten Gesellschaften Massenmedien eine kaum zu überschätzende Rolle im Kommunikationszusammenhang von kognitiver Autonomie und sozialer Orientierung.